WM-Stadt Wolgograd: Die Geschichtsträchtige an der Wolga

Wolgograd, die heutige Millionenstadt an der unteren Wolga, wurde 1589 als Zarizyn gegründet. Zuvor galt der Ort zwischen Wolga und Don als eines der wichtigsten Zentren der Goldenen Horde. Traurige Berühmtheit erhielt die inzwischen zum Industriestandort herangewachsene Stadt unter dem 1925 verliehenen Namen Stalingrad im Zweiten Weltkrieg. Man schätzt, dass rund 700.000 Menschen bei der „Schlacht von Stalingrad“ ihr Leben lassen mussten. Seit 1961 heißt die Stadt Wolgograd und ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt sowie ein wichtiges Industriezentrum in Zentralrussland.

Wolgograd-Arena

Auf dem Gelände des ehemaligen Zentralstadions wurde in drei Jahren Bauzeit die komplett neue Wolgograd-Arena eigens zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018 errichtet. Die Baustelle geriet während der Arbeiten am Stadion des öfteren in die Schlagzeilen. So sollen sich dort drei Arbeiter schwer verletzt haben. Im März 2016 brach zudem eine Metallträgerkonstruktion unter einer tonnenschweren Betonlast zusammen. Die von der deutschen Architektensozietät GMP und Partner konzipierte Spielstätte wirkt entgegen dem Trend sehr wuchtig. Das Design der Fassade erinnert zudem optisch an das traditionelle Feuerwerk zum Tag des Sieges

Die Baukosten werden mit rund 330 Millionen Euro angegeben. Während der WM wird das Stadion, entsprechend den Vorgaben des Fußball-Weltverbandes FIFA, 45.500 Zuschauern Platz bieten. Nach der Weltmeisterschaft soll es dem in Wolgograd ansässigen Fußballklub Rotor anstelle des abgerissenen Zentralstadions als Heimpielstätte dienen. Damit erlebt der Verein zumindest nach der Anzahl der Zuschauerplätze von bisher 32.000 einen gewaltigen Aufschwung. Sportlich muss der 1929 als Traktor Stalingrad gegründete Klub allerdings noch deutlich nachlegen. Der einst zweimalige russische Vizemeister spielt derzeit in der zweitklassigen Ersten Division.

Vom 18. bis 28. Juni werden Tunesien, England, Nigeria und Island sowie Saudi-Arabien, Ägypten, Japan und Polen insgesamt vier Partien der Gruppenphase in der Wolgograd-Arena austragen.

Sehenswert in Wolgograd

Ein touristisches „Muss“ in Wolgograd ist sicherlich die, mit der S-Bahn zu erreichende, Gedenkstätte der Schlacht von Stalingrad auf dem Mamajew-Hügel. Zweihundert Stufen führen empor zur Mutter-Heimat-Statue, die ein 33 Meter langes Schwert trägt und fast acht Tonnen wiegt. Alleine das Schwert der Statue wiegt 14 Tonnen. Sie ist mit 85 Metern eine der höchsten Statuen der Welt. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Ruhmeshalle mit dem ewigen Feuer, die der Trauer um die Opfer in der Schlacht um Stalingrad gewidmet ist. In der Wand der Heldenallee wurde 1970 eine Kapsel mit einer Botschaft an die Nachkommen eingemauert, die erst am 9. Mai 2045 geöffnet werden darf.

Da das damalige Stalingrad während des Krieges nahezu komplett zerstört wurde, präsentiert sich das heutige Wolgograd als Meisterwerk der sowjetischen Architektur der Stalin-Ära. Die Stadt wurde gänzlich dem Bevölkerungsbedarf angepasst, ohne ihr Gesicht als „Heldenstadt“ einbüßen zu müssen. Ein weiteres Zeugnis dieser „Größe“ ist die Lenin-Statue, etwa 30 Kilometer vom Zentrum entfernt an der Einmündung des Wolga-Don-Kanals in die Wolga. Sie ist mit 57 Metern die höchste in Russland und bequem mit dem Bus zu erreichen. Eine weitere Superlative Wolgograds ist die über sieben Kilometer lange Brücke über den namensgebenden Fluss, die auf einer Balkenkonstruktion beruht.

Ihre schönste Seite zeigt die Stadt jedoch entlang der Uferpromenade. Unterhalb der Heldenallee geleiten zwei symmetrische Torbauten mit acht Säulen im antiken Stil die Besucher zu einer eindrucksvollen Stadtansicht aus der Wolga-Perspektive. Während die untere Terrasse fast auf Wasserhöhe liegt und sich bei Festveranstaltungen oder Konzerten in eine Freilichtarena für hunderttausend Besucher verwandelt, genießt man von der oberen einen beeindruckenden Blick auf die Wolga mit ihren malerischen Ufern und dem Binnenhafen. Unterschiedliche Treppen verbinden die einzelnen Terrassen. Die Uferpromenade ist der bevorzugte Erholungsort der Einheimischen. Am Ende der Flaniermeile befindet sich als weitere Gedenkstätte das Panoramamuseum der Schlacht um Stalingrad mit einem riesigen Panoramagemälde von 120 mal 16 Metern Fläche.

Wer hingegen den Vorkriegsflair des alten Zarizyns erleben möchte, muss sich in die Sazarizynsker Vorstadt begeben. Eines der Gebäude, das den Krieg unbeschadet überlebte, ist die Kasaner Kathedrale aus dem Jahr 1899. Sehenswert ist sie alleine schon deshalb, weil sie im pseudorussischen Stil mit allen nur denkbaren Dekor-Elementen eingerichtet wurde. Historisch wertvoll sind auch der Feuerturm und die angrenzende Feuerwache, die heute noch als solche genutzt wird. Die obere Plattform des Turms bietet eine atemberaubende Sicht auf Wolgograd. Weitere Gebäude aus der Vorkriegszeit befinden sich entlang der Straße Barikadnaja. Hier fährt die Straßenbahn noch auf den Geleisen von 1913. Handels- und Kaufmannshäuser säumen die Straße bis zu einer Eisenbahnbrücke aus dem Jahre 1897.

Gastronomie in Wolgograd

Entsprechend des relativ hohen Touristenaufkommens hat Wolgograd eine Vielzahl von Restaurants und Cafés mit einer reichhaltigen Auswahl. Vor allem in der Nähe zur Wolga findet man etliche Möglichkeiten sich von der russischen Küche verwöhnen zu lassen. Je nach Zeit und Portemonnaie wählt man zwischen Selbstbedienung oder Ambiente mit Wolgablick. Pizza, Pasta, Parmesan – weit verbreitet und bei den Einheimischen beliebt ist auch das italienische Speisenangebot. Ein Relikt aus Sowjetzeiten dagegen sind die Georgischen Lokale, die seit jeher einen exzellenten Ruf in Russland haben. Wie überall im Land bieten kleine Straßenstände Pirogi und Wareniki, herzhaft oder süß gefüllte Teigtaschen, an. Einen bezahlbaren kulinarischen Ausflug in die Luxusklasse macht man dagegen in der Sliffki obschestwa zur italienischen und französischen Speisekarte.

[mb/russland.REISEN]