WM-Stadt Saransk: Das mordwinische Handelszentrum

Das Städtchen Saransk im Wolgagebiet ist mit seinen knapp 300.000 Einwohnern der mit Abstand kleinste Austragungsort der Fußball-Weltmeisterschaft 2018. Es ist die Hauptstadt der Republik Mordwinien, einer Region mit einer eigenen, wolgafinnischen Gruppe der finno-ugrischen Sprachen. Die Sprache wird noch von über der Hälfte der Mordwinen als Muttersprache verwendet. Laut einer Umfrage zählt Saransk zu den lebenswertesten Städten Russlands.

Mordowia Arena

Ursprünglich war die Region überhaupt nicht als Austragungsstätte der WM vorgesehen. Möglicherweise hatte man bei der Vergabe dann doch die Modernisierung der Infrastruktur Mordwiniens im Hinterkopf. Im Jahr 2010 begann man in Saransk mit dem Bau eines nagelneuen Stadions mit 44.442 Sitzplätzen. Eigentlich war die Fertigstellung der Arena bereits für das Jahr 2012 geplant. Da die Kosten jedoch immer höher wurden, wurde die Eröffnung auf 2016 verschoben. So wie es sich abzeichnet, wird der Termin nun endgültig auf April 2018 vertagt, bis die letzten Handgriffe erledigt sind.

Insgesamt werden bis dahin in die Region rund 60 Milliarden Rubel (etwas weniger als eine Milliarde Euro) investiert worden sein, wovon die Baukosten für die Arena selbst auf rund dreihundert Millionen Euro geschätzt werden. Für die Republik Mordwinien ist die Teilnahme am Turnier eine Prestigeangelegenheit, um somit auch den Fremdenverkehr in der Region anzukurbeln. Da jetzt bereits feststeht, dass das Stadion den Rahmen des örtlichen Fußballvereins Mordowia Saransk sprengen wird, soll die Mordowia Arena nach der WM auf etwa 28.000 Plätze reduziert werden. Nach dem letztjährigen Abstieg aus der Premier-Liga wird der FK Mordowia künftig bis auf weiteres seine Zweitliga-Spiele im WM-Stadion austragen.

In Saransk werden vom 16. bis 28. Juni Peru, Dänemark, Kolumbien und Japan sowie Spanien, Marokko, Panama und Tunesien vier Vorrunden-Paarungen absolvieren.

Sehenswert in Saransk

Der Ort entstand 1641 aus einer Siedlung heraus als Fort an der südöstlichen Grenze des Russischen Zarenreiches. Dreißig Jahre später, zur Zeit des „Bauernaufstandes“, lebten hier überwiegend Kosaken und Strelizen, Angehörige der Leibgarde der Zaren, die gerne in die Politik eingriffen. Nachdem sich das Reich im 18. Jahrhundert ausdehnte, entwickelte sich Saransk zur Handelsstadt und wurde schließlich 1893 an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Heute konzentriert man sich auf seine Besonderheit der Volksgruppen und präsentiert Kultur und Brauchtum Mordwiniens bei folkloristischen Festivals, die den Erhalt der nationalen Identität fördern.

Jeweils etwa eine Fahrstunde mit dem Bus oder Taxi vom Zentrum entfernt liegen die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten von Saransk. Im Museumsdorf Staraja Terismorga tragen die Bewohner noch die traditionelle Tracht, deren Details sie Touristen gerne im Rahmen von Veranstaltungen näher erklären. Im Dorf befindet sich das ethnographische Freilichtmuseum mit dem typischen Haus eines Großbauern aus dem 18. Jahrhundert. Im Inneren werden für Gäste Blini und Posa, russische Pfannkuchen und ein leicht alkoholisches Getränk aus Rüben, auf dem typischen Ofen zubereitet und bei Bedarf sogar die Banja, das russische Dampfbad, geheizt.

Zwei weitere Dörfer mit musealem Charakter sind Krasnoslobodsk und Temnikow. Hier konnten einige der alten Kaufmannshäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert erhalten werden, die, meist mit aufwändigen Schnitzereien und schmiedeeisernen Gittern versehen, vom einstigen Wohlstand der Region zeugen. Man sprach damals schon von einem besonderen „kaufmännischen Ziegel-Mauerstil“. Aus Krasnoslobodsk stammen übrigens die berühmten mordowischen Matrjoschkas, die an der örtlichen Kunsthandwerkerschule gefertigt und überall in der Region verkauft werden.

In der Nähe befindet sich das Sanaksar-Gottesmutter-Geburts-Kloster oder einfach nur Sanaksar-Kloster. Den schönsten Anblick der Anlage hat man, wenn die Mokscha über die Ufer tritt und drei Seiten des Klosters vom Wasser umgeben sind. Die bemalten Fassaden der Gottesmutter-Geburts-Kathedrale innerhalb der Klostermauern stellen eine Besonderheit für das 18. Jahrhundert dar. Das kleine Heimatkundemuseum auf dem ehemaligen Gut der Familie des Admirals Fjodor Uschakow in Aleksejewka zeigt in acht Sälen Exponate über den Admiral sowie zur Geschichte der Stadt Temnikow. Ein Wahrzeichen der Moderne hingegen ist der 180 Meter hohe Fernsehsendemast aus dem Jahr 1961, der alles in Saransk überragt.

Die Küche von Saransk kann man als „typisch Russisch“ bezeichnen. Zahlreiche Cafés und Restaurants im Zentrum bieten ordentliche Hausmannskost für jeden Geldbeutel. Gute russische Pelmeni in vielen Varianten sowie hervorragende Oladschij, ein ausgebackener Pfannkuchenteig aus Quark und Hefe, und andere einfache Gerichte findet man, wie es der Name schon verrät, in der Otmmenaja Pelmennaja [ul. Sowjetskaja]. Ein Stück entlang der Straße im dritten Stock des Einkaufs- und Unterhaltungszentrums Rio kocht man russisch-italienisch-japanisch Crossover. Abends werden Cocktails an der Bar serviert. Zahlreiche Imbiss-Stände mit guten und preiswerten Kleinigkeiten findet man in Bahnhofsnähe. Und wem das alles viel zu exotisch ist, folgt einfach dem gelben M.

[mb/russland.REISEN]