WM-Stadt Nischni Nowgorod: Handelsnetz und Fürstensitz

Nischni Nowgorod, bereits 1221 am Zusammenfluss von Oka und Wolga gegründet, ist den meisten Besuchern als Ziel von Flusskreuzfahrten bekannt. Im Mittelalter war sie das mächtigste Bollwerk gegen den Ansturm der Tataren und später den der Polen. Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt Nischni Nowgorod zur Drehscheibe des russischen Handels. Zu einer Industrie-Metropole mit erheblicher Bedeutung wurde sie später unter dem Namen Gorki zu Zeiten der Sowjetunion. Heute ist Nischni Nowgorod die fünftgrößte Stadt Russlands und mit ihren 1,25 Millionen Einwohnern ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt sowie eines der Hauptziele der Flusstouristik des Landes.

Nowgorod-Stadion

Das WM-Stadion in Nischni Nowgorod gehört zu den neun Spielorten, die extra für die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland neu gebaut wurden. An einer Stelle wo Wolga und Oka zusammenfließen, mit herrlichem Blick auf den Kreml und die Stadt, wurde erst 2015 mit den Bauarbeiten begonnen. Das Design des Stadions ist gestalterisch vom Thema Wasser und Wind, den wichtigsten Elementen der Wolga-Region, inspiriert. Aufgrund der Nähe zum historischen Stadtkern durfte die Silhouette des Gebäudes nicht dominieren. Deshalb kaschiert eine zum Teil halbtransparente Fassade mit wellenförmigen Elementen das Stadioninnere. Die helle und optisch leichte, kreisrunde Struktur wird von schmalen Säulen getragen.

Auch hier sind die Bauarbeiten noch nicht gänzlich abgeschlossen, so dass mit der endgültigen Fertigstellung erst zum Frühjahr dieses Jahres gerechnet werden darf. Die Baukosten belaufen sich, zumindest offiziell, auf 220 Millionen Euro. Um den Anforderungen der FIFA für das Turnier gerecht zu werden, ist das Stadion für 45.330 Zuschauer konzipiert worden, was eine vernünftige Folgenutzung schwierig macht. Die beiden lokalen Fußballvereine der Stadt, der FK Wolga Nischni Nowgorod und der FK Nischni Nowgorod spielen derzeit lediglich eine untergeordnete Rolle in der Zweitklassigkeit des russischen Fußballs. Der FK Wolga, der das neue Stadion künftig als Spielstätte für Heimspiele nutzen wird, trug seine Partien bisher im Lokomotive Stadion aus, das 17.850 Zuschauern Platz bot und vollkommen ausreichend war.

Während der Fußball-Weltmeisterschaft tragen in Nischni Nowgorod Südkorea, Schweden, Kroatien und Argentinien sowie England, Panama, Costa Rica und die Schweiz insgesamt vier Gruppenspiele aus. Zudem sind im Nowgorod-Stadion sowohl ein Achtel- als auch ein Viertelfinalspiel angesetzt.

Sehenswert in Nischni Nowgorod

Das Highlight einer Sightseeingtour in Nischni Nowgorod ist unbestritten der dortige Kreml, der hoch über der Wolga thront. Noch heute gibt er Zeugnis aus der Zeit, in der Russland von den Polen heimgesucht wurde. Der rechteckige Dmitrijew-Turm, einer der 12 von ursprünglich 13 noch erhaltenen, gilt als das Wahrzeichen der Stadt. Vom Kreml aus hat man einen herrlichen Blick auf die beiden Flüsse der Stadt. Die monumentale Tschkalow-Treppe mit ihren mehr als 400 Stufen führt von hier direkt ans Wolgaufer an die Uferpromenade. Auf einer Bühne direkt am Wasser werden mitunter Konzerte veranstaltet. Während der Weltmeisterschaft werden hier allerdings sicherlich eher die Fußballspiele der WM auf großen Plasma-Bildschirmen übertragen.

Von einer Stadt in der Stadt sprach man im 19. Jahrhundert, wenn man das Messegelände Nischni Nowgorods meinte. Heute ist nur noch das Hauptmessehaus erhalten, in dem Ausstellungen und Foren veranstaltet werden. Damals jedoch war es einer die wichtigsten „Tauschhöfe“ zwischen Europa und Asien weltweit. Hier wurden die russlandweit gültigen Preise für Tee, Salz, Rauchwaren, Metall und andere Güter festgelegt. Zar Alexander I. Setzte sogar die Renovierung des Winterpalastes in Sankt Petersburg aus, um stattdessen, das Geld nach Nischni Nowgorod zu senden. „Moskau ist das Herz Russlands, Sankt Petersburg der Kopf und Nischni Nowgorod seine Tasche“, sagte man seinerzeit über die Messestadt. Hier wurden übrigens das erste russische Auto und das erste Radiogerät der Welt präsentiert.

Touristen, die im Zuge einer Flusskreuzfahrt nach Nischni Nowgorod gelangen, sehen den Retschnoi Woksal, den „Flussbahnhof“, ohnehin als erstes. Allen anderen ist ein Besuch dieser weiträumige Anlage, einer der Größten des Landes, durchaus zu empfehlen. Das Hauptgebäude ist, passend zum Bestimmungszweck, der Form eines Schiffes nachempfunden. Seit dem Jahr 2003 befindet sich, außerhalb der Schalter- und Wartehallen, das Wolga-Museum an dieser Stelle. Das Museum ist das jüngste in der Stadt und zeigt die lange Tradition der Schifffahrt in Nischni Nowgorod. Bereits 1887 wurde die erste Binnenschifferschule des Landes in Nischni Nowgorod eröffnet. Außerdem stammen unter anderem die Tragflügelboote „Raketa“ und „Meteor“ aus der Schmiede der Schiffbaubetriebe, die hier zahlreich angesiedelt sind.

Ein weiteres Museum ist dem wohl berühmtesten Sohn Nischni Nowgorods gewidmet, Maxim Gorki. Obwohl der Schriftsteller nie selbst in dem Gebäude gelebt hatte, werden hier unzählige Erinnerungsstücke aus dem Leben Gorkis und dem literarischen Nischni Nowgorod als erlebbare Biographie ausgestellt. Von 1932 bis 1990 gab man Stadt sogar seinen Namen, was ihm allerdings seit jeher missfiel. Heute kann man das Schaffen und Wirken Maxim Gorkis in der sogenannten Gorki-Stadt, einem Vorort Nischni Nowgorods, in der etliche Gebäude Schauplatz seiner Romane sind, nachempfinden. Etwa eine Fahrstunde mit dem Bus entfernt findet man in Chochloma das Zentrum der russischen Holzschnitzkunst.

Gastronomie in Nischni Nowgorod

Auf der Suche nach Restaurants und Cafés jeder Preiskategorie wird man am ehesten im Zentrum fündig. Das Angebot ist vielfältig, die Auswahl entsprechend einer russischen Metropole groß. Ganz im kaufmännischen Ambiente des 19. Jahrhunderts kann man sich mit altrussischen Spezialitäten im Pjatkin [Roschdestwenskaja Straße] verwöhnen lassen. In einem Landeskundemuseum hingegen wähnt man sich im Witalitsch in der Fußgängerzone. Beide Restaurants servieren unter anderem den exzellenten Wolgastör. Natürlich findet man in Nischni Nowgorod auch die in ganz Russland beliebten Küchen Georgiens und Usbekistans mit Tschatschapuri, Chartscho und Saziwi sowie Plow, Lagman und Schurpa. Einen bunten Stilmix aus allem, bereichert um Chinesisch, Italienisch oder Griechisch bekommt man im Mindal in der Maxim-Gorki-Straße.

[mb/russland.REISEN]