WM-Stadt Kasan: Das Erbe der Goldenen Horde

Das erste was an der 1,14.Millionenstadt in der autonomen Republik Tatarstan ins Auge sticht, ist die für Russland ungewöhnliche orientalische Architektur. Nach der Gründung Kasans im Jahr 1177 durch die Wolgabulgaren übernahmen im 13. Jahrhundert die Reiter der Goldenen Horde die Herrschaft. Als erste nichtrussische Stadt gliederte Zar Iwan IV. Kasan Mitte des 16. Jahrhunderts dem russischen Reich an. Heute ist die einst durch ihre prächtigen Paläste und Moscheen gerühmte Stadt an der Wolga mit 1,1 Millionen Einwohnern ein bedeutender Wirtschaftsstandort und Verkehrsknotenpunkt. Zudem ist Kasan ein wichtiges Zentrum des Islams in Russland.

Kasan Arena

In nur drei Jahren entstand seit der Planung im Jahr 2010 bis zur Eröffnung 2013 ein hochmodernes und vielseitig einsetzbares Stadion, das bereits mit der Einweihung als Austragungsstätte für die Sommer-Universiade 2013 glänzen konnte. Für die Schwimmweltmeisterschaften 2015 wurde die Arena kurzerhand zu einem riesigen Freibad umgebaut, in dem alle Wettbewerbe der WM stattfanden. Zufällig passend zum Thema wurde das Stadion in seiner Formgebung mit der geschwungene Dachlinie einer Seerose nachempfunden. Mit 35 Metern Höhe ist die 3.622 Quadratmeter große und mit drei Millionen LEDs bestückte Außenfassade die weltgrößte Leuchtreklame an einem Fußballstadion.

Die Baukosten wurden Anfangs noch voller Optimismus mit lediglich 132 Millionen Euro angesetzt. Alles in allem haben sich die Kosten am Ende jedoch mit 465 Millionen Euro verdreifacht. Da die Kasan Arena mit Platz für 45.000 Zuschauer bereits seit ihrer Fertigstellung dem in Kasan ansässigen Fußballklub Rubin als Heimspielstätte dient, fallen die hohen Baukosten nicht allzu gravierend ins Gewicht. Das Zentralstadion aus dem Jahr 1960 war ohnehin längst renovierungsbedürftig und nicht mehr zeitgemäß. Der Name Kasan Arena wurde durch eine Abstimmung unter der Bevölkerung mit überzeugender Mehrheit beschlossen.

Die Kasan Arena wird während der Gruppenphase der Fußball-WM 2018 Austragungsort für insgesamt vier Spiele der Mannschaften aus Spanien, Frankreich, Australien, Südkorea, Kolumbien, Polen sowie dem Iran und der Auswahl des DFB. Des weiteren finden in Kasan ein Achtel- und ein Viertelfinalspiel statt.

Sehenswert in Kasan

Erst im Jahr 2005 wurde Kasan anlässlich des 1000-jährigen Bestehens von Grund auf renoviert. Die Besucher danken es, denn die Stadt ist eine Perle der Architektur, die ihresgleichen in Russland sucht. Es ist die bewegten Geschichte an der Schnittstelle von Orient und Okzident, die Kasan so einmalig macht. Hier, in der Hauptstadt der Republik Tatarstans herrscht ein beeindruckend einträchtige Miteinander zwischen dem Russisch-Orthodoxen Christentum und dem Islam. Als steinernes Symbol dieses friedliche Zusammenleben verschiedener Glaubensrichtungen wurde 1992 der Tempel der Religionen errichtet. Die im Jahr 2005 eingeweihte Kul-Scharif-Moschee gilt als die größte Moschee Europas.

Wer mehr über die verschiedenen Epochen in der Geschichte Kasans erfahren möchte, dem seien drei der bedeutendsten Museen der Stadt empfohlen. Das Museum der islamischen Kultur steht, wie es der Name schon verrät, ganz im Zeichen der Stadtgeschichte, die durch die Goldene Horde und deren Volk der Tataren geprägt wurde. Das Kasaner Eremitage-Zentrum beherbergt Exponate sowohl der abendländischen Kultur als auch aus der Zeit des Khanats und das Museum der sozialistischen Lebensweise schließlich steht ganz im Zeichen der Sowjet-Ära. Der zentrale Ort Kasans ist zweifelsohne der Ploschtschad Tysjateletschija, der Jahrtausend-Platz. Von hier sind sämtliche Sehenswürdigkeiten in greifbarer Nähe.

Ein begehrtes Fotomotiv ist der Kasaner Kreml, eines des schönsten Bauwerke seiner Art, der schon längst von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Eine Besonderheit ist der 58-Meter und sieben Stockwerke hohe Süjümbike-Turm, unter dessen Fundament 1977 die Sarkophage der tatarischen Khane gefunden wurden. Hinter dem Turm, der schon immer eine heilige Stätte für die Kasaner Moslems war, befindet sich heute ein Mausoleum. Der Hauptturm des Kremls ist jedoch der Spasski-Turm, dessen erste Etage nach Meinung von Historikern und Architekten aus dem 16. Jahrhundert stammt. Seit 1556 steht im Kasaner Kreml die prachtvolle orthodoxe Mariä-Verkündigungs-Kathedrale. Sie ist heute das älteste Baudenkmal des Kasaner Kremls. Anlässlich der Eroberung der Stadt ließ Iwan IV. Übrigens die Basilius-Kathedrale auf dem Roten Platz in Moskau errichten.

1726 wurde auf Initiative des Kaufmanns und Tuchfabrikbesitzer Iwan Michljajew die Peter-und-Paul-Kathedrale gebaut. Sie gilt wegen ihres Stucks an den Wänden als der „schwebende Steingarten“ Kasans. Eigentlich wollte er mit dem Sakralbau die Ankunft von Peter dem Großen in Kasan im Jahr 1722 feiern, wegen der Unerfahrenheit der Arbeiter, so sagt man, sei der erste Versuch nach vier Jahren Bauzeit eingestürzt. So entstand die 52 Meter hohe zweistöckige Kathedrale ohne eine einzige Säule dementsprechend später. Im Inneren befindet sich eine neunstöckige 25 Meter hohe geschnitzte Ikonenwand. Das Wohnhaus Michljajews, gleich neben der Kathedrale, ist das älteste bürgerliche Gebäude in Kasan. Ein einmaliges Zeugnis eines herrschaftlichen Stadtanwesens ist die Alexandrowski-Passage von 1883, die damals schon über Aufzüge, eine Luftheizung und elektrische Beleuchtung verfügte.

Gastronomie in Kasan

So multikulturell Kasan ist, so ist auch sein gastronomisches Angebot äußerst vielfältig. Was liegt näher, als gerade hier in die Cuisine der Tataren einzutauchen. Mitten in der Fußgängerzone liegt das Dom tatarskoj kulinari, das Haus der tatarischen Küche. Hier wird mit Liebe und Respekt gegenüber der Tradition gekocht. Die Spezialitäten sind Gerichte mit Lamm- und Pferdefleisch. Eine fast schon kitschige Augenweide ist das Interieur der Restaurant-Kette Rubai mit tiefen Sofas, Baldachinen und Teppichen. Im angeschlossenen Feinkostgeschäft verkauft man zentralasiatische Spezialitäten. Darüber hinaus findet man überdurchschnittlich viele usbekische Restaurants in Kasan. Wie in jeder russischen Großstadt geht es natürlich auch weniger exotisch. Italienisch, chinesisch, Suschi oder Burger sind überall präsent. Für Zwischendurch empfehlen sich die kleinen Straßenstände.

[mb/russland.REISEN]