Visafrage für Russland zur Chefsache erklärt

Visafrage für Russland zur Chefsache erklärt

Der Präsident höchstpersönlich wird sich nun der Frage zu Erleichterungen zum Erhalt von Visa für ausländische Touristen annehmen. Wladimir Putin beauftragte das Außenministerium mit der Ausarbeitung von Vorschlägen zur Vereinfachung des Verfahrens.

In der vergangenen Woche sagte der Minister für Wirtschaftsentwicklung, Maxim Oreschkin, dass für Bürger praktisch aller Länder ein sogenanntes E-Visum nach Russland erforderlich sei. Oreschkin begründete seinen Vorstoß bei der Visafrage mit der überwiegend spontanen Entscheidung ausländischer Touristen zu einer Reise nach Russland.

Wie er nicht unrichtig bemerkte, stünden die, in der Regel viel zu langen, Genehmigungsprozesse dieser Spontaneität im Wege. Seiner Ansicht nach werde die Einführung eines sogenannten E-Visums „einen sehr starken Zustrom von Touristen bewirken“, so der Minister.

Schrittweise Annäherung an die Erleichterung

Bereits Mitte Februar kündigte Sergej Galkin, der stellvertretende Minister für Wirtschaftsentwicklung, auf dem russischen Investitionsforum in Sotschi an, dass das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und das Ministerium für Kommunikation gemeinsam mit der Regierung in Moskau eine Grundlage für die Ausstellung elektronischer Visa für Ausländer bei Reisen von drei bis acht Tagen entwickeln müsse.

Die Voraussetzung zur Erteilung dieses Visums solle vorerst noch bei der Einreise über Moskau und St. Petersburg erfolgen, wenn die Reise zusammen mit einem Paket von Dienstleistungen, wie Unterkunft, Ausflüge, Transport und so weiter gekoppelt ist. Sollte sich diese erste Phase bewähren, ließe sich die regionale Abdeckung erweitern und letztendlich sogar beim Individualtourismus anwenden, so die künftigen Pläne.

Der Präsident setzt Frist zur Beschleunigung

Bei seiner jährlichen Botschaft an die Föderale Versammlung der Russischen Föderation schlug Wladimir Putin schließlich persönlich vor, verstärkt elektronische Visa unter Berücksichtigung der erfolgreichen Erfahrungen der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr einzusetzen.

„Das Außenministerium Russlands sollte gemeinsam mit dem Innenministerium Russlands, dem Föderalen Sicherheitsdienst der Russischen Föderation, dem Bundesamt für Tourismus und dem Innenministerium Vorschläge zur Vereinfachung der Visaverfahren für Ausländer, die zu Tourismuszwecken in die Russische Föderation einreisen, erarbeiten“, heißt es nun in einer offiziellen präsidialen Anordnung. Die Frist für die Auftragsausführung endet am 31. März 2019.

Erst vor kurzem beklagte der stellvertretende Vorsitzende der „Sberbank“, Stanislaw Kusnetsow, dass die russische Tourismusbranche nach wie vor in einer tiefen Krise stecke und es daher dringend gravierender Änderungen bedürfe. Seinen Berechnungen zufolge seien achtzig Prozent aller föderalen Zielprogramme für den Tourismus ein Misserfolg.

Unkenrufe aus den Reihen der Investoren

Weiter stellte er fest, dass die offiziellen Tourismusstatistiken in Russland nicht der Realität entsprächen. „Wir glauben nicht an die offiziellen Statistiken. Deshalb habe ich versprochen, dass wir künstliche Intelligenzsysteme entwickeln werden, um zu zeigen, wie die Touristen in verschiedenen Regionen abwandern und wie die Statistiken wirklich aussehen“, kündigte Kusnetsow an.

Da die „Sberbank“ ein bedeutender Investor im Tourismus sei, macht er die Visafrage nicht ausschließlich für die Misere verantwortlich. „Welche Infrastruktur wird geschaffen, wenn sie nicht mit jemandem koordiniert wird? Die Personalbranche ist nicht vorhanden und darüber hinaus verdienen westliche Buchungssysteme auf dem russischen Tourismusmarkt erfolgreich und nicht inländische. Sobald jemand in die Sanktionsliste aufgenommen wird, streichen sie nach Belieben“, so seine Kritik.

Irgendetwas muss also geschehen, um den Touristikmarkt Russlands endlich auf ein internationales Niveau zu heben. Denn: Laut einer Rangliste steht die Tourismusindustrie weltweit, nach der Kraftstoff- und Chemieindustrie, immerhin an dritter Stelle.

[mb/russland.REISEN]