St. Petersburg wächst immer weiter ins Meer

St. Petersburg wächst immer weiter ins MeerFoto: © Michael Barth

Baugrund in St. Petersburg ist teuer und aufgrund der geographischen Lage nicht unbegrenzt verfügbar. Die Stadtplaner haben deshalb schon längst Pläne ins Auge gefasst, dem Finnischen Meerbusen weiteres Land abzugewinnen.

Im Smolny spricht man über eine Wasserfläche von 476,9 Hektar, die bis zum Jahr 2026 verlandet werden soll, um weiteren Wohnraum in der Fünf-Millionenmetropole zu gewinnen. Seit Ende Oktober laufen die in Auftrag gegebenen Untersuchungen des Schwemmlandes in den Auengebieten der Wassiljewski-Insel.

In der Zwischenzeit befasst sich die Stadt intensiv mit der Entwicklung der Straßeninfrastruktur. Laut den Vorgaben ist geplant, das komplette Straßennetz auf dem Gelände der Insel bis 2021 fertig gestellt zu haben. Jedoch erwägen die Beamten Möglichkeiten, um die Straßenbauarbeiten zu beschleunigen, da das Neubaugebiet schon jetzt mit gehörigem Tempo wächst.

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Stadtwohnungen mit Meerblick

Am westlichen Rand der Wassiljewski-Insel gibt es mittlerweile bereits einige interessante Projekte, die auf Territorien entwickelt wurden, die dem Meer abgetrotzt worden sind. So zum Beispiel die „Wohnanlage für Romantiker“: 5.500 feudale Apartments sowie über tausend Wohnungen in elf Häusern.

Auf dem Gelände gibt es zwei neunstöckige Objekte mit Stellplätzen für Fahrzeuge, dazu eine Tiefgarage, Bildungseinrichtungen und Geschäftsräume. Bemerkenswerterweise ist das Projekt „See Fassade“, zu dem der Komplex gehört, derzeit das größte Unterfangen zur Schaffung künstlicher Territorien in Europa und eines der größten der Welt.

Oder die Wohnanlage „Goldene Stadt“: Sie steht auf 15 Hektar Schwemmland südlich des Hafens und bietet Wohnungen in fünf Häuserblöcken mit variabler Höhe. Dieses Projekt von einem Team niederländischer und russischer Architekten entwickelt und bietet Panoramafenster mit einer herrlichen Aussicht. Für den Nachwuchs der hier lebenden Familien versprach man, bald eine Schule zu bauen und zwei integrierte Kindergärten zu eröffnen.

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Komplette Stadtteile auf Kunstland

Ein weiteres Projekt mit Blick auf die Entwicklung von Schwemmlandflächen stammt von der Firma „Singer Development“. Die Entwickler planen, im Finnischen Meerbusen mehrere künstliche Inseln mit einer Fläche von 200 Hektar zu errichten, um Häuser für 60.000 Menschen sowie eine voll ausgebaute kommerzielle und soziale Infrastruktur zu schaffen.

Es ist noch zu früh, um genaue Vorhersagen über die Entwicklung dieses Projekts zu treffen, aber das Konzept hat bereits allerorten positives Feedback erhalten. „Für St. Petersburg ist das im Allgemeinen eine Frage des Lebens. Es ist notwendig, einen alternativen attraktiven Ort zu schaffen“, sagt Nikita Yavein, Mitglied der Russischen Akademie für Architektur und Bauwissenschaften.

Und als verdienter Architekt Russlands weiß er, dass man bei all den Projekten prestigeträchtig agieren muss. Nicht zuletzt um die hohen Baukosten zu rechtfertigen, über die sich die Verantwortlichen betont ausschweigen. Soviel ist allerdings sicher, dass es sich hierbei um Investitionen in Milliardenhöhe handelt.

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Die Stadt wird weiter wachsen

Die Idee von Stadtteilen auf Schwemmland ist hier an der Newa nicht neu. Vom Anbeginn St. Petersburgs an mussten sämtliche Baumeister ihre Territorien dem Meer abverlangen. In den trockengelegten Gebieten des Primorskj Sieges-Park wurde der größte Teil des alten Kirow-Stadions errichtet. Alleine auf der Wassiljewski-Insel wurden im letzten Jahrhundert 350 Hektar Land gewonnen.

Bislang sieht der Generalplan der Stadt St. Petersburg die Aufstockung der Stadtfläche um 800 bis 1.000 Hektar auf Schwemmland und künstlichen Territorien vor. Investoren und Entwickler, die bereit sind, in die Entwicklung neuer Standorte zu investieren, sind zur Erstellung vielversprechender Projekte gern gesehen.

Die Erfahrung, vollständig auf künstlichen Inseln zu bauen, ist auch im Ausland bekannt. In Japan beispielsweise existieren inzwischen bereits sieben von ihnen. Für ihre Entstehung wurde zum Teil unbelasteter Hausmüll hergenommen, was gleichzeitig das Problem der Müllentsorgung in der Megalopolis eine Zeitlang gelöst hatte.

[mb/russland.REISEN]