Die Sanktionen, die 2014 wegen der für den Westen immer noch ungelösten Krimfrage gegen Russland verhängt wurden und am meisten der Wirtschaft der Befürworter zu schaden scheinen, entpuppen sich jetzt als Faktor für den russischen Fremdenverkehr – vor allem US-Touristen scheinen Gefallen am „Reich des Bösen“ zu finden.
Werfen wir einen Blick zurück: Während des gewaltsamen Umsturzes im Frühjahr 2014, der aus geopolitischen Gründen von den Vereinigten Staaten in der Ukraine vorangetrieben wurde, wurde den Bewohnern der damals unter ukrainischer Verwaltung stehenden Halbinsel Krim das Recht abgesprochen, frei entscheiden zu dürfen, unter wessen Politik sie künftig leben möchten.
In der Folge hagelte es wirtschaftliche Strafmaßnahmen, sowohl gegen Russland als erklärten Aggressor, dem der Volksentscheid als Annexion vorgeworfen wird , als auch gegen die Halbinsel selbst, die sich für die Zugehörigkeit zum russischen Kernland entschied. Am effektivsten geschadet haben die Sanktionen bisher nur den ehemaligen Wirtschafts- und Handelspartnern Russlands aus Europa. Inzwischen, so scheint es, schlägt der Zeiger sogar in Richtung der russischen Waagschale aus.
„Feindberührung light“ während der WM
Zumindest in der Touristikbranche tendieren die Auswirkungen des Kalten Krieges 2.1 merklich zu Gunsten Russlands. Möglicherweise hängt dies mit den mandalaartigen Negativschlagzeilen der regierungstreuen Medien des Westens zusammen, denen immer weniger Glauben geschenkt wird und das unbekannte Land im Osten deshalb immer interessanter werden lassen. Für die letzten Unentschlossenen bot sich schließlich mit der Fußball-WM 2018 eine Art Lightversion des Abenteuers „Feindesland“.
Schon während dieses lupenrein inszenierten Gastfreundschafts-Spektakels war der Anteil an US-Bürgern unter den Besuchern ungewöhnlich hoch. Und das, obwohl sich die Mannschaft der USA nicht einmal für diese Endrunde des Turniers qualifizieren konnte. Auch wenn in persönlichen Gesprächen ein ums andere Mal das sportliche Interesse in den Vordergrund geschoben wurde, war die Neugier auf und die positive Überraschung über Russland nicht zu verhehlen.
Die Zahlen die der Inlandsgeheimdienst FSB, in dessen Geltungsbereich die Erfassung der Touristenströme fällt, veröffentlichte, bestätigen, dass seit 2014 weit über ein Drittel mehr Reisende aus den USA ins Land kamen. „Die Zunahme der Touristenströme ist ein positiver Trend“, findet Jurj Barsykin, der Vizepräsident der Russischen Union der Reisebranche. Auch er vertritt die Ansicht, dass es gerade die düsteren Wolken am politischen Horizont seien, die Neugier wecken.
US-Bürger sind der Russlandhetze überdrüssig
„Die Ansichten gewöhnlicher Amerikaner und jener, die Donald Trump selbst als den Staat bezeichnen, sind nicht identisch. Selbst laut öffentlichen Meinungsumfragen stehen über die Hälfte der Amerikaner zu Russland“, betonte der amerikanische Politikwissenschaftler und Präsident der American University in Moskau, Eduard Lozansky, gegenüber russischen Medien.
„Wenn Sie immer dasselbe Bild zeigen, hat dies den gegenteiligen Effekt“, erklärt Lozansky. „Angesichts der Tatsache, dass Russland zu einem der Hauptthemen der inneramerikanischen Politik geworden ist sowie der Tatsache, dass Russland zu einem der Hauptthemen der inneramerikanischen Politik geworden ist und der negativen Nachrichtenflut, die 24 Stunden am Tag auf die Bürger herabfällt, kommt das nicht überraschend.“
„Für Amerikaner ist Russland genauso interessant wie andere Orte im Ausland für die Russen. Da sie in unserem Land gewesen sind, konnten wir sie davon überzeugen, dass Bären hier nicht die Straße entlanggehen, jedoch die Menschen gutmütig und wohlwollend sind“, so Tourismusexperte Barsykin. Knapp 300.000 Besucher aus den USA können das für das vergangene Jahr bestätigen, im Jahr 2014 waren es noch 162.000. Was Sanktionen alles bewirken können.
[mb/russland.REISEN]