Russland zählt doppelt so viele Touristen aus China

Russland zählt doppelt so viele Touristen aus ChinaFoto: © Michael Barth

Die Chinesen haben Russland für sich entdeckt. Erleichterte Einreisebestimmungen für chinesische Staatsbürger und der aufblühende chinesische Reisemarkt sind offenbar die Gründe, dass Russland von Touristen aus dem Reich der Mitte derzeit regelrecht überschwemmt wird.

„In den letzten Jahren ist Russland zu einem Reiseziel geworden, das bei den chinesischen Touristen immer beliebter wird“, bestätigt Viktor Tseng, stellvertretender Geschäftsführer des größten chinesischen Reiseveranstalters Ctrip. „Nach unseren Informationen stieg der Ausreiseverkehr von China nach Russland von Januar bis Juli dieses Jahres um 150 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.“

Seine Aussagen decken sich mit den Angaben des russischen Verbandes der Reiseveranstalter, denen zufolge im Vorjahr nahezu 1,8 Millionen Chinesen nach Russland eingereist seien. Über eine Million von ihnen hätten das Land rein zu touristischen Zwecken besucht, heißt es.

Visaerleichterungen locken Touristen an

Sowohl beim Verband, als auch beim Reiseveranstalter muss man jedoch einräumen, dass alleine rund 50.000 Chinesen im Zeitraum der Fußball-Weltmeisterschaft nach Russland kamen. Laut Tseng habe dies die Erwartungen der Agentur zwar weit übertroffen, jedoch wolle man nun gemeinsam an diesen Zahlen anknüpfen.

Einer der Schlüsselfaktoren für die Förderung des Tourismus sei die vereinfachte Visumregelung zwischen den beiden Ländern, glaubt der Ctrip-Vize. Russland lockerte im vergangenen Jahr für 18 Länder, darunter Brunei, Indien, China, Nordkorea, Mexiko, Singapur, Japan, Algerien, Bahrain, Iran, Katar, Kuwait, Marokko, die Vereinigten Arabischen Emirate, Oman, Saudi-Arabien, Tunesien und die Türkei, die Einreisebestimmungen.

Dieser Maßnahme sollte in erster Linie dazu dienen, den Tourismussektor in den fernöstlichen Regionen Russlands zu stärken. Bei den russischen Behörden zeigt man sich zuversichtlich, dass sich diese Lockerung in barer Münze niederschlägt. Aber auch China sei, so Viktor Tseng, sehr inspiriert vom russischen Markt im Hinblick auf den chinesischen Outbound-Tourismus.

Verstärktes gemeinsames Engagement geplant

„Aus diesem Grund wollen wir daran arbeiten, die Zahl der russischen Unternehmen, die touristische Dienstleistungen anbieten, zu erhöhen“, sagt er. „Wir wollen Informationen über ihre Produkte und Dienstleistungen auf unserer Plattform veröffentlichen, damit chinesische Touristen, die nach Russland reisen, sie leicht finden und Buchungen vornehmen können.“

Einen kleinen Haken hat diese, im Grunde genommen positive, Kooperation zwischen den beiden Ländern jedoch. Bislang hat Russland von dem Geld der eingereisten Chinesen noch nicht allzu viel gesehen. „Die meisten Chinesen kommen im Rahmen von visafreien Touren, die von Tourismusunternehmen organisiert werden“, klagt der St. Petersburger Parlamentsabgeordnete Witali Milonow.

Kein wirtschaftlicher Segen für die Regionen

„Diese Leute geben ihr Geld nicht in den lokalen Geschäften aus essen nicht in lokalen Restaurants“ so sein ernüchterndes Fazit. „Im Gegenteil, sie werden von chinesischen Reiseführern in chinesische Restaurants gebracht und ihre Steuern zahlen nur an China.“

Seiner Meinung nach werden chinesische Touristen keinesfalls irgendwelchen Regionen wirtschaftlich dienlich sein: „Der chinesische Tourist ist ein sehr spezifischer Tourist und der chinesische Tourismus in Murmansk wird seine eigene chinesische Infrastruktur schaffen, die den Chinesen gehört und nur den Chinesen zugute kommt.“

Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings, dass vorrangig der Individualtourismus aus China gefördert werden müsste. Und auch dann muss man erst sehen, wohin die Reise geht. Selbst während der Fußball-WM wurden asiatische Restaurant zu chinesischen Bastionen. Die Chinesen bleiben eben doch am liebsten unter sich.

[mb/russland.REISEN]