Überfüllte Schalterhallen und überlastete Webseiten – der erste Tag des Vorverkaufs für die Fahrkarten der ersten Züge, die die Halbinsel Krim mit Moskau und St. Petersburg verbinden, übertraf alle Erwartungen.
Dreiunddreißig, beziehungsweise dreiundvierzig Stunden wird man letztendlich unterwegs sein, um mit der Eisenbahn von Sewastopol in die russische Hauptstadt oder nach St. Petersburg zu fahren. Den Tausenden, die am vergangenen Freitag wegen der begehrten Tickets für die ersten Fahrten, die die Halbinsel über die Krimbrücke mit dem russischen Festland verbinden, anstanden, ist das herzlich egal. Sie freuen sich einfach, dass endlich wieder Züge verkehren.
Im, seit etlichen Jahren endlich wieder einmal überfüllten, Bahnhofsgebäude von Simferopol bestimmten verschiedene Beweggründe die Vorfreude auf das bevorstehende Ereignis. Während die älteren Bewohner der Republik die Zugfahrten, durch die sie Kontakt zu Verwandten auf dem Festland gepflegt hatten, seit langem vermisst haben, zeigen Eltern ihrem Nachwuchs ein Novum, welches in anderen Städten Russlands selbstverständlich ist.
Lang ersehnte Gleise ins Festland
Die, durch die Ukraine führende, Zugverbindung mit anderen russischen Großstädten sowie Weißrussland, und wenn man so will auch mit Europa, rollte schon vor dem Putsch in Kiew im Jahr 2014 und dem darauffolgendem Anschluss der Krim an Russland nicht mehr so geschmeidig, wie in ehemaligen Sowjettagen. Als ein paar Monate darauf ukrainische Radikale die Strecke in Armjansk blockierten, ging endgültig nichts mehr.
In der Folge wurden nur noch wenige regionale Strecken regelmäßig auf der Halbinsel betrieben. Die rund vier Millionen Euro teure Brücke über die Meerenge von Kertsch, die ohnehin den Prestigewert der Krim für Russland unterstreicht, trägt damit ab dem 23. Dezember noch zusätzliches symbolisches Gewicht. Diese zwei Strecken in die beiden bedeutendsten Metropolen Russlands sind nur die Premiere, später soll es einmal in über zehn Richtungen gehen.
Der Bedarf einer überregionalen Eisenbahnverbindung verdeutlicht sich an den Verkaufszahlen für die ersten Fahrten. Mehr als 5.000 Fahrkarten seien am ersten Verkaufstag über die Schalter und Onlineplattformen abgewickelt worden, gab der Pressedienst des Transportunternehmens „Grand Service Express“ bekannt. Alleine auf der Krim habe man 850 Tickets abgesetzt, der Löwenanteil indes ging nach Moskau, auch wenn das erste Billett in St. Petersburg verkauft wurde.
Noch mehr Touristen auf die Halbinsel
„Die Strecke von Moskau nach Simferopol war die beliebteste“, teilte das Unternehmen am Samstag mit und fügte hinzu, dass sechs Prozent der Fahrkarten für Kinder gekauft wurden. In erster Linie hängt dies sicherlich mit den bevorstehenden Neujahrsferien zusammen. Während dieses Zeitraums seien bereits siebzig Prozent der Unterkünfte ausgebucht, heißt es beim zuständigen Touristikverband, der auch für dieses Jahr wieder Rekordgästezahlen vermelden durfte.
„Der Start der Krimbrückenbahn kann den Touristenstrom um zehn Prozent steigern und gleichzeitig den Frachtpreis senken“, prophezeit der stellvertretende Ministerpräsident der Republik, Georgj Muradow. „Vor allem während der Touristensaison kommt ein Großteil der Fracht vom Festland auf die Krim“, erklärt der Politiker. „Der Schienenverkehr erleichtert diese Aufgabe.“
Für Sergej Tsekow, Senator im Föderationsrat, seien die Kosten von rund 3.000 Rubel, umgerechnet etwas mehr als vierzig Euro, ein vernünftiger Preis für einen Platz im Abteilwagen. Michail Kulikow, der stellvertretende Leiter der Direktion für Personenverkehr auf der Krim, kurz KZD, rechtfertigt den relativ hohen Fahrpreis, der nur wenig unter dem eines Flugtickets liegt, mit dem Komfort der Züge.
„Der Zug war früher verraucht, die Betten waren nass, niemand hat sie gewechselt, es war schmutzig und ungepflegt“, bekräftigt ihn Jefim Fix aus der Duma der Krim. „Jetzt haben wir neue Technologien, neue Möglichkeiten und ein völlig neues Reisen.“ Bis zu 400.000 Passagiere könnten jährlich in den Genuss kommen – das hat der amtierende Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew, schon einmal ausgerechnet.
[mb/russland.REISEN]