Restaurierung auf Kischi fast abgeschlossen

Restaurierung auf Kischi fast abgeschlossenFoto: © Michael Barth

Die Restauratoren, die zur Zeit das Metallgerippe aus dem zentralen Kopfteil der Verklärungskirche entfernen, versuchen seit 2011, eines der bedeutendsten Baudenkmäler Nordwestrusslands zu retten. Bald werden Touristen die Insel Kischi wieder frei von Baustellen erleben können.

Sie liegt auf dem Kurs der meisten Schiffe, die die Strecke von Moskau nach St. Petersburg und zurück auf dem Wasser im Rahmen einer Flusskreuzfahrt zurücklegen. Die Insel Kischi, mit Betonung auf dem zweiten I, soll einst ein heidnischer Ritualplatz am nördlichen Ende des Onegasees gewesen sein, das glauben zumindest Archäologen. Seit 1969 befindet sich auf dem dreieinhalb Quadratkilometer großen Eiland eines der berühmtesten ethnographischen Museen für Holzarchitektur.

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1990 fand ein Teil des 1.500 Quadratmeter großen Museumsareals die Aufnahme in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes. Wie der zuständige Pressedienst erst vor kurzem bekannt gab, habe das Kischi-Museumsreservat im Zeitraum des Jahres 2018 fast 220.000 Besucher empfangen dürfen. Laut Jelena Bogdanowa, der Direktorin des Museums, befänden sich unter den ausländischen Gästen auffällig viele deutschsprachige Touristen sowie Besucher mit Kindern.

Einzigartiges Weltkulturerbe

Mehr als achtzig Objekte umfasst der Museumskomplex mittlerweile, das Prunkstück jedoch ist zweifelsohne die zweiundzwanzigköpfige Kirche der Verklärung aus dem Jahr 1714. Dem siebenunddreißig Meter hohen Sakralbau aus Kiefernschindeln, der ohne einen einzigen Nagel erbaut wurde, haben die Jahrhunderte bei Wind und Wetter allerdings massiv zugesetzt. Die Restaurierung dieses Schmuckstücks karelischer Baukunst wurde unumgänglich.

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„Es wird erwartet, dass die Restaurierung des Holzbauwerks im November dieses Jahres vollständig abgeschlossen ist. Die Eröffnung der Kirche für Besucher und der erste Gottesdienst sind für den 19. August 2020 geplant“, gab die Pressestelle des Museums vorab bekannt und nennt weitere Details. „Derzeit bauen die Restauratoren den inneren Metallrahmen ab, der die Kirche seit 1982 unterstützt und demontieren das Hydrauliksystem.“

Durch das Hebesystem ist gewährleistet, dass das Gewicht des Kirchenoberteil nicht ausschließlich auf den Stempeln des Fundaments lastet. Auf diese Art ließ sich, so der Pressedienst, das Gebäude in Einzelteile zerlegen, die sortiert werden konnten. Nun beginnen die Arbeiten im Inneren des Denkmals – die Fußböden, das Sicherheitsdach und der Himmel der Kirche. Die Restaurierung von über hundert Symbolen und einem geschnitzten vergoldeten Rahmen ist bereits abgeschlossen.

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„Es wurden insgesamt 742 Stempel restauriert, für die über tausend Ausbesserungen aus einem Gesamtvolumen von fünfundzwanzig Kubikmetern Holz hergestellt wurden. Das insgesamt ausgetauschte historische Material liegt bei sechsunddreißig Prozent“, so das Museumsreservat. Das Holzgebäude ruht auf mehr als zweieinhalbtausend Stempeln, die aneinandergereiht über zehn Kilometer lang wären. Dazu kommen noch die Elemente im Innenbereich.

Kuppeln und Schindeln

Der größte Stamm der Konstruktion – die sogenannte Überlagerung des Refektoriumssatzes – erreicht eine Länge von knapp sechzehn Metern, der kürzeste und der oberste Baumstamm beträgt gerade einmal vierzig Zentimeter. Im Jahr 2018 wurden sechzehn restaurierte Kuppeln zum Denkmal zurückgebracht, für die mehr als 34.000 handgefertigte Dachschindeln, traditionell aus Kiefernholz, verarbeitet wurden.

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Die Höhe der Kirche misst fast vierzig Meter und die Kuppeln der Kirche sind auf fünf Ebenen angeordnet, deren Kuppeln jeweils eine andere Größe haben. Die erste und die zweite Ebene bestehen aus vier Kapiteln, die dritte aus acht, die vierte aus vier und die fünfte mündet in eine Kuppel, die sich über dem Altar der Kirche befindet. Die bemalte, pyramidenförmige Decke vergrößert den vertikalen Raum des Gotteshauses optisch noch zusätzlich.

Die kleinere Kirche neben der Kathedrale der Verklärung stammt ursprünglich aus dem Kloster Murom und wird laut einer Legende auf das vierzehnte Jahrhundert datiert. Die Auferstehungskirche des Lazarus gilt somit als die älteste Holzkirche Russlands. Im Inneren befindet sich eine Ikonostase, die aus siebzehn Ikonen des sechzehnten und achtzehnten Jahrhunderts besteht.

Heli-Touren für Anspruchsvolle

Laut den Presseinformationen gibt es außerdem Pläne für den Neubau der Eingangsbereiche in das Areal am Passagierpier und im Bereich des Dorfes Wasiljewo soll eine moderne Siedlung für die hundertzwanzig Museumsmitarbeiter entstehen. Darüber hinaus bereitet das Museum eine Filiale im Zentrum von St. Petersburg in der Nähe des Mariinskj-Theaters vor. Die Eröffnung der Zweigniederlassung ist für 2020 geplant.

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Die Insel Kischi erreicht man, sofern sie nicht ohnehin schon Teil eines Ausflugsprogramms ist, entweder von der am Westufer des Onegasees gelegenen Stadt Petrosawodsk aus mit dem Tragflächenboot oder per Motorboottransfer ab dem Dorf Welikaja Guba in der Region Medweschjegorsk. In den Wintermonaten steht für diejenigen, die es sich leisten können und wollen, ein Hubschrauber bereit, der in Petrosawodsk gechartert werden kann.

Wer einen Individualbesuch des Museumsareals ins Auge fasst, sollte unbedingt bedenken, dass das Betreten des Geländes nur in Begleitung einer geführten Gruppen gestattet ist. Ein mehrtägiger Aufenthalt auf der Insel ist generell nur mit Genehmigung der Direktion des Museumsreservats möglich. Besonders beliebt sind abendliche Besuche während der „Weißen Nächte“ von Anfang bis Mitte Juni, wenn die Dämmerung bis tief in die Nacht dauert.

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Neben Exkursionen zu den wichtigsten architektonischen Sehenswürdigkeiten der Insel werden Ausflüge für Touristen angeboten, bei denen bäuerliches Handwerk und Kunsthandwerk gezeigt wird, Glockenspiele intoniert oder historische volkstümliche Veranstaltungen organisiert werden. Aufgrund der relativ hohen Preise für die angebotenen Ausflugstouren, die für Einzelpersonen rund einhundert Euro betragen können, empfiehlt es sich, sich einer Gruppe anzuschließen.

[mb/russland.REISEN]