Puschkins Welt – Michailowskoje im Gebiet Pskow

Das riesige Museumsreservat Michailowskoje ist eine eigene Welt für sich – Die Welt des russischen Nationaldichters Alexander Puschkin. Die liebliche Landschaft, die schon Puschkin beglückte, zieht auch heute noch Touristen in ihren Bann und lockt an dichte Wäldern und Seen, in gepflegte Parks und zu prächtigen Anwesen.

Etwa hundert Kilometer südöstlich der schon im Mittelalter bedeutsamen Stadt Pskow ließ Zar Iwan IV. im Jahr 1569 das Kloster Swjatogorski mit einer dazugehörigen Ortschaft gründen. 1925 wurde der Ort in Puschkinskije Gory umbenannt, da sich nur wenige Kilometer entfernt Michailowskoje, das Familienanwesen der Puschkins befindet. Heute leben in der kleinen Stadt, die Ausgangspunkt zu den sehenswerten Flecken der Region ist, rund 5.000 Menschen.

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Die Legende erzählt, dass einst dem Hirten Timotheus die wundertätige Ikone der Hodegetria über dem Fluss Lugowitsa hier erschienen sei. Später zählte das Swjatogorski-Kloster zur heiligen Himmelfahrt zu den zwanzig reichsten und besonders gewürdigten Aufenthaltsorten Russlands. Unter den Gaben von Königen und Adligen, die im Kloster aufbewahrt wurden, befand sich eine fünfzehn Pfund schwere Glocke von Iwan IV. sowie ein Evangelium des Zaren Michail Fjodorowitsch.

Des Dichters Quell

Alexander Puschkins Mutter übernahm ganz in der Nähe eines der Landgüter ihres Großvaters. In Michailowskoje entstanden die zentralen Kapitel des Romans „Eugen Onegin“, das Drama „Boris Godunow“ sowie angeblich mehr als zweihundert lyrische Gedichte. Der Dichter selbst lebte dort von 1824 bis 1826 im Exil, nachdem er wegen einiger verfassten Spottgedichte aus St. Petersburg verbannt worden war.

Nach seinem Tod beim Duell im Jahr 1837 überführte man seinen Leichnam aus Furcht vor huldvollen Beileidskundgebungen in das Swjatogorski-Kloster, wo sein Grabmal an ihn erinnert. Man sagt, das Dorf Michailowskoje sähe heute noch genauso aus, wie zu Puschkins Lebzeiten. 1949 wurde das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Gutshaus wieder restauriert, heute birgt es ein Museum. Neben Exponaten aus dem Familienbesitz, ist das komplett eingerichtete Arbeitszimmer das Herzstück der Ausstellung.

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Umgeben ist das klassische russische Adelsgut Michailowskoje von einem weitläufigen Park mit einer Lindengasse, grünen Pavillons und Teichen, über die sich Brücken spannen. Neben dem Herrenhaus gruppieren sich die Wirtschaftsgebäude des Anwesens. Jährlich am ersten Wochenende im Juni findet das Allrussische Puschkin-Poesiefestival statt, zu dem sich namhafte Schriftsteller, Dichter sowie Anhänger der Werke Puschkins aus dem In- und Ausland einfinden.

Es klappert die Mühle…

Ein etwa halbstündiger Spaziergang nach Süden führt den Besucher zu einem Ort, der den Dichter durch seine Geschäftigkeit inspirierte – die Mühle von Bugrowo. Seit ihrer Restaurierung 1986 ist dieser Teil des Museumskomplexes wieder in Betrieb. Seit 2007 wird sogar vom Müller vor Ort hergestelltes Mehl verkauft. Regelmäßig werden auf dem Gelände der ehemaligen Mühle des Swjatogorski-Klosters kreative Mitmach-Angebote und Workshops veranstaltet.

Westlich des Malenez Sees, am Ufer des Flusses Sorot erhebt sich der Sawkin Hügel. Vom neunten bis zum vierzehnten Jahrhundert diente der Hügel mit seinen steilen Flanken als Bergfried einer befestigten Stadt, die jedoch wieder aufgegeben wurde. Schon Puschkin wusste diesen malerischen Ort mit seinem herrlichen Blick auf die Gegend zu schätzen und wie es heißt, spielte er sogar mit dem Gedanken, diesen Flecken Erde zu kaufen.

Dem Feind zum Trotze

Weiter Richtung Westen passiert man die Überreste der alten Siedlung im Schatten der Festung Woronitsch. Vom 12. bis zum 16. Jahrhundert war die Anlage einer der größten Vororte von Pskow. Die 1349 zum ersten Mal urkundlich erwähnte Burg Woronitsch schützte den Übergang über den Sorot-Fluss nach Pskow vor den eindringenden Litauern. Ende des 15. Jahrhunderts lebten hier rund zweitausend Einwohner in über dreihundertfünfzig Hofstellen.

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1581 mussten sich die in Woronitsch zusammengeführten Truppen aus Pskow, Moskau und Nowgorod dann zum ersten Mal der Übermacht aus dem Westen beugen. In den darauffolgenden fünfzig Jahren wurde der Ort mehrmals gebrandschatzt, bis er 1634 schließlich ganz verfiel. Hundertdreißig Jahre später ging das Gebiet Trigorskoje in den Besitz der Familie Wyndomski über, die hier die St. Georgs-Kirche errichten ließ.

Die Ländereien wurden Alexander Wyndomski, dem ehemaligne Kommandanten der Festung Schlüsselburg im Ladogasee von der Kaiserin Katharina II. zugesprochen. Das inzwischen zum Museum ausgebaute Gutshaus ist ein paar Kilometer weiter westlich zu besichtigen. Praskowia Alexandrowna Osipowa-Wolf, die das Landgut schließlich von ihrem Vater erbte, pflegte eine gute Freundschaft mit dem Nachbargut Michailowskoje.

Auf gute Nachbarschaft

Alexander Puschkin war ein regelmäßiger Gast des Anwesens und bezeichnete es oft als sein zweites Zuhause. Auch zu Osipowa-Wolfs Kinder pflegte er ein inniges Verhältnis, das sich, insbesondere in den Dorfkapiteln, in seinem Werk „Eugen Onegin“ widerspiegelt. Das Gut Trigorskoje brannte 1918 nieder und wurde schließlich 1962 anhand erhaltener Bildern und Beschreibungen auf dem alten Fundament wieder neu errichtet.

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Heute zeugt eine Dauerausstellung in den Räumen des Gutshauses von den nachbarschaftlichen Beziehungen der beiden Familien. Gezeigt werden Erinnerungsstücke an Trigorskoje, darunter Geschenke des Dichters Evpraksia sowie Kopien der Briefe von Puschkin an Praskowja Alexandrowna. Gemälde, persönliche Gegenstände und Hausrat der Familie, geben einen Einblick in die Zeit des frühen 19. Jahrhunderts.

Zwar ist von den dazugehörigen Wirtschaftsgebäuden auf dem Gelände nur noch der Grundriss erkennbar, jedoch wurde das Anwesen von Trigorskoje und der im romantischen Stil angelegte Park zum 200. Geburtstag des russischen Dichterfürsten vollständig restauriert. Die lauschigen Winkel der künstlich angelegten Landschaft laden zum Verweilen. Das Gut mit dem alten Linden- und Eichenbestand ist ebenfalls Teil des Museumsreservats. Michailowskoje.

Wo der Mohr des Zaren lebte

Ein weiteres geschichtsträchtiges Landgut befindet sich nördlich des Kutschanje-Sees, rund fünf Kilometer von Puschkinskije Gorj entfernt. Das Museumsanwesen Petrowskoje wurde Puschkins Urgroßvater 1742 von der Zarin Elisabeth verliehen. Abraham Petrowitsch Hannibal, der Sohn eines abessinischen Fürsten aus Afrika, kam als Neunjähriger in die Dienste Peters des Großen und wurde daraufhin sein Patenkind. Puschkins Novelle „Der Mohr des Zaren“ geht auf ihn zurück.

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Vierzig Jahre später gelangte das Anwesen in den Besitz von Puschkins Großonkel, Pjotr Abramowitsch Hannibal.Für Alexander Puschkin, der während seines Exils Petrowskoje oft besuchte, war die Geschichte seiner Vorfahren, die wiederum eng mit der Geschichte Russlands verbunden war, eine lebendige Quelle historischer Informationen. Sein Großonkel ließ in den vierzig Jahren, die er hier lebte, zahlreiche Nebengebäude errichten und einen Park anlegen.

Diese prächtige Grünanlage dient als bestes Beispiel der russischen Landschaftsarchitektur des 18. Jahrhunderts und ist heute der älteste Park im Michailowskoje Reservat. Eine Lindenallee führt zu einer Pavillon-Grotte am Ufer des Sees. Von hier reicht der Blick bis hinüber nach Michailowskoje und den Sawkin Hügel. Die Gebäude des Anwesens haben leider ebenfalls die russische Revolution nicht überlebt und wurden 1918 niedergebrannt.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat man die Gebäude auf dem alten Fundament wieder restauriert und als Museum gestaltet. Auch wenn von dem originalen Hausrat nichts überlebt hat, vermittelt die Ausstellung mit ihrem Mobiliar, Gemälden und allerlei Gegenständen des täglichen Gebrauchs aus dem 18. und 19. Jahrhundert dennoch einen Einblick in das Leben auf den Landgütern zu jener Zeit.

Anreise:

Der Museumskomplex ist mit dem eigenen Fahrzeug über die Fernstraße M-20 zu erreichen, wenn man von Pskow nach Süden über Ostrow in Richtung Opotschka fährt und in Nowgorodka nach links abbiegt. Öffentliche Busse verkehren vom Busbahnhof in Pskow im Zweistundentakt und kosten etwa 250 Rubel pro Person in eine Richtung. Die Fahrt dauert rund zwei Stunden.

[mb/russland.REISEN]