Neu-Holland: Naherholung mitten in St. Petersburg

Neu-Holland: Naherholung mitten in St. PetersburgFoto: © Michael Barth

Seitdem eine ehemalige Werft der Kriegsmarine zu einem Freizeitgelände hergerichtet wurde, sind die St. Petersburger um eine Erholungsstätte inmitten ihrer Kulturhauptstadt reicher. Der Investition eines Oligarchen ist es zu verdanken, dass Neu-Holland zu einem Ort geworden ist, an dem man nach Herzenslust die Seele baumeln lassen kann.

Lässt man den Blick über die, meist jüngeren, Menschen streifen, die sich im Gras sonnen, kann man sich nicht wirklich vorstellen, dass dieser Ort noch vor fünfzehn Jahren eine aufgelassene Liegenschaft der Baltischen Flotte war. Die künstliche Insel, die Zar Peter der Große 1719 zunächst als Holzlager für seine Kriegsschiffe anlegen ließ, wuchs allmählich zu einem Hafen, im Jahr 1821 wurde sie sogar zum ersten reinen Militärhafen Russlands.

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Anfang des 20. Jahrhunderts diente die Anlage als Testgelände für neue Schiffstypen, darunter auch die ersten russischen U-Boote und von der dazugehörigen Radiostation aus proklamierte Lenin 1917 den Beginn der Revolution. Nachdem das Gelände während der Blockade Leningrads im Zweiten Weltkrieg durch deutschen Artilleriebeschuss stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, verfiel das Areal zusehends.

Auferstanden aus Ruinen

2004 übergab die Marine das ehemalige militärische Sperrgebiet schließlich der Stadt. Vermutlich war man froh, dass man sich endlich der Altlasten entledigt hat. Kein Geringerer als der Oligarch und Fußballklubbesitzer Roman Abramowitsch schlug 2010 bei einer öffentlichen Ausschreibung zu und erwarb die Insel. Trotz der elitären Nähe zum touristischen Zentrum, darunter die Isaakskathedrale und das Marinskij-Theater, galt Neu-Holland damals noch als preiswerte Lage.

Vierhundert Millionen US-Dollar habe Abramowitsch in den Umbau investiert, so heißt es und als die historischen Gebäude und Plätze stilgetreu restauriert waren, konnte das neue Freizeitgelände 2016 die ersten Besucher empfangen. Die fast acht Hektar große, in Form eines Dreiecks angelegte, Insel zwischen Krjukow- und Admiralitätskanal wurde von den Petersburgern vom Fleck weg als zentral gelegene Wohlfühloase angenommen.

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Hat man die übliche Sicherheitskontrolle am Eingang des Geländes passiert, so scheint der Lärm der Straße mit einem Mal verschluckt vom satten Grün des Rasens, verwandelt in den hellen Klang der Kinderstimmen, die sich auf dem großzügig angelegten Spielplatz austoben. Der mächtige Schiffsrumpf einer deutschen Spielgerätefirma, der den Kleinen als Klettergerüst dient, bildet den gelungenen Kontext zu den Ursprüngen Neu-Hollands.

Kräutergarten und Cocktail-Bar

In die Backsteingebäude sind inzwischen Ateliers eingezogen, Designer wetteifern um den angesagtesten Schick der Stadt. Man sieht es nicht nur an der zentralen Bühne und den bunten ausgehängten Plakaten, dass hier die Kultur Einzug gehalten hat. Das Areal versprüht den Flair von Avantgarde, wenn sich Kunstschaffende und Erholungssuchende miteinander vermischen. Workshops in den vielen Studios lassen Besucher ein Teil des Ambientes werden.

Bei georgischen Snacks und Cappuccino vom Italiener lässt sich selbst der St. Petersburger Alltag schönreden. In der einstigen Gießerei, in der angeblich schon die Rösser des Zaren beschlagen wurden, sind heute Lokale und Restaurants untergebracht, An den Abenden der Wochenenden trifft sich das Partyvolk in der Lounge zu angesagter DJ-Musik an der Cocktail-Bar. Jährlich finden rund 300 Veranstaltungen statt.

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Einem, stetig wachsenden, lehrreichen Kräutergarten, mit seinem bunten Potpourri aus Gewürz- und Heilpflanzen entsteigen, je nach Blütezeit, betörende Düfte, wie man sie in einer Großstadt nie erwartet hätte. Entlang der Seitenwände spielt man Schach oder eine Runde Tischtennis, die Schläger leiht man sich gleich am Eingang, und anschließend kann man die Füße ins Wasser des Teichs baumeln lassen.

Der Eingang in dieses St. Petersburger Freizeitparadies befindet sich am Ufer des Admiraltejskowo Kanals, an der westlichen Seite der Insel. Das Areal öffnet seine Pforten während der Woche von 9.00 bis 22.00 Uhr, am Wochenende wird eine Stunde später abgesperrt. Der Eintritt in das Gelände ist frei.

[mb/russland.REISEN]