Moskau: Großes Programm zum Maianfang

„Rossija – moja Istoria, Russland – meine Geschichte“ – das Motto des Moskauer Historienparks hätte kaum treffender für die Maifeiertage gewählt sein können. Hier lässt es sich so herrlich tief in die Geschichte der ehemaligen Sowjetunion eintauchen, als hätte sich die Zeit in der russische Hauptstadt niemals fortbewegt. Vom 29. April bis zum 9. Mai wird hier ein umfangreiches Erinnerungsprogramm geboten. Der Eintritt ist frei.

Auch wenn der 1. Mai als Feiertag keine sowjetische „Erfindung“ ist, so hat er sich doch zum Inbegriff des Sozialismus gemausert. Zu den Zeiten der Sowjetunion wurde der Maifeiertag noch, von der Partei verordnet und inszeniert, als Tag zelebriert, an dem man sich mit der Arbeiterklasse solidarisch zeigen konnte und dem Kapitalismus die kalte Schulter wies. Mit dem Ende der UdSSR verschwand auch die Bedeutung des Maifeiertags schlagartig. In Ehren gehalten wird er heute weitgehend nur noch von der kommunistischen Partei. Die anderen fahren lieber auf ihre Datscha.

Der 9. Mai dagegen ist der Feiertag für die Russen schlechthin. Der Tag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg gegen Hitlerdeutschland lockt auch heutzutage noch die Massen auf die Straßen des Landes. Dabei steht nicht einmal die überdimensionierte Waffenschau in Form der großen Militärparaden im Vordergrund, sondern vielmehr der Marsch des ewigen Regiments, bei dem die Bürger Russlands mit Bildern der Veteranen aus der eigenen Familie gedenken.

Sowjetschick im Retrolook

Mit einem Programm im Retro-Stil hingegen lockt der Moskauer Historienpark „Rossija – moja Istoria“. Die Besucher sollen sich in die Zeiten der Sowjetunion zurückversetzt fühlen und das Leben wie die Sowjetbürger der 60-er bis 80-er Jahren genießen. Dazu gehört selbstverständlich auch das Schlangestehen an einer nach-rekonstruierten Ladentheke, in der es kaum etwas zu sehen gibt, aber hervorragend als Tauschbörse funktioniert. Wie zufällig wird die Besucher ein Schwarzhändler ansprechen und über Waren feilschen, die es nie in der UdSSR gegeben hat.

Mit der passenden musikalischen Unterhaltung sollen Lieder über Freundschaft, Pflicht und Ehre die sozialistische Version der Romantik von Freiheit und Abenteuer vermitteln. Mit einem Aluminiumbecher in der Hand am Lagerfeuer sitzen und von der Liebe, dem Leben und der kleinen Freiheit mit dem Lada zu träumen, wird jeden modernen Großstädter bald zu einem kollektiven Sozialisten machen. Ein umfassendes Filmprogramm entführt die Besucher in die Geschichte des sowjetischen Kinos.

Bei den damals beim Publikum äußerst beliebten Komödien kann der Zuschauer in einem nachgebildeten Filmstudio zum Akteur werden, am Set das Lampenfieber verspüren und die Betriebsamkeit unter den Schauspielern erleben. Mit Böllern und Krimsekt wird anschließend die große Premiere gefeiert und der Besucher posiert im Scheinwerferlicht den Fotografen. Deren Werkzeug wird eine Ausstellung gewidmet sein, die zu schmissigen sowjetischen Klängen vom Grammophon, der Palette der legendären Kameras gewidmet ist.

Für diejenigen, deren Erinnerung an diese Zeit am Essen hängen geblieben ist, wird ein sowjetisches Buffet aufgebaut. Stilecht mit rot-weiß karierten Plastiktischdecken, gefalteten Servierten im Glas und einem Soda-Siphon. Der krönende Abschluss der 9. Mai wird schließlich das Versteilen der orange-schwarzen Georgsbändchen sein, mit denen traditionell dem Sieg über den Faschismus gedacht wird. Den Abend soll beim Tanz ausklingen.

[mb/russland.REISEN]