Lebendiges St. Petersburg

Lebendiges St. Petersburg

Dass die Kulturmetropole im Norden Russlands weit mehr zu bieten hat, als nur Museen und prachtvolle Gebäude entlang an Kanälen, zeigt ein neuer informativer Bildatlas über das moderne St. Petersburg. Die „Lebensfreude an der Newa“, so der Untertitel, steht im Mittelpunkt des Reiseführers, der seine Leser nach dem Besuch der altbekannten Sehenswürdigkeit ins pralle Leben dieser wohl einzigartigen Stadt entlässt.

Dass der Begriff Kultur nicht klar abzugrenzen ist, verdeutlicht der aktuelle DuMont Bildband St. Petersburg. Betrachten die einen Museen, Theater und üppig dekorierte Herrscherresidenzen als die wahren kulturellen Zeugnisse eines Ortes oder einer Epoche, sind für andere erst die Tasse Kaffee im ambitionierten Rahmen, die Grooves und Beats in angesagten Clubs die echten Kultur-Highlights. Dass beides untrennbar beieinander liegt beweist die Kulturhauptstadt an der Newa, die sich in den letzten beiden Jahrzehnten zu einem extravaganten Reiseziel des 21. Jahrhunderts gemausert hat.

Nur wenig erinnert heute noch an den Charme einer verstaubten Metropole, die ihre besten Zeiten längst hinter sich gelassen hat. War einst St. Petersburg das Fenster, durch das Russland nach Europa schaute, blickt heute die ganze Welt auf eine pulsierende Fünf-Millionen-Stadt, in der das Alte baulich manifestiert ist und sich das Neue wandelbar nach vorn orientiert. Gerade in den kurzen Sommermonaten verwandelt sich das moderne Piter, wie die Stadt oft kitschig-romantisch verklärt genannt wird, in einen kunterbunten Schmelztiegel, der ständig in Bewegung ist.

Ohne Klassisches aus dem Auge zu verlieren, führt dieser Bildatlas zu den angesagten Treffpunkten der Stadt, an denen man Hipstern sowie Kunstliebhabern gleichermaßen begegnet. Er nimmt den Leser bei der Hand, um ihm die mitunter verborgenen Schätze und Besonderheiten zu zeigen, an denen man oft achtlos vorbei eilt. Trotz all der Lebendigkeit einer einzigartigen Stadt vermittelt der Band, sofern man ihn als Reiseführer versteht, eine bemerkenswerte Ruhe und Unaufgeregtheit. Den wichtigsten Tipp für einen Besuch St. Petersburgs hält der Bildatlas deshalb gleich zu Beginn der Lektüre bereit: Nehmen Sie sich Zeit.

Kulturhaupstadt und Hip-Location

St. Petersburg hat es nicht verdient, abgehetzt von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten betrachtet zu werden und dabei den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Von wo aus man die schönste Aussicht von weit oben auf die weitläufige Pracht genießt, verrät die reich bebilderte Reiselektüre ebenso, wie die schönsten Anblicke tief unter der Stadt. Warum nicht einmal in das tiefste Metro-Netz der Welt abtauchen und sich die herrlichen Stationen, von denen jede das Motto der jeweils Oberirdischen wieder spiegelt, zu Gemüte führen? Hier genießt man die Kunst im Alltag für wenig Geld.

Puschkin, Lenin, Dostojewski und die Zaren. Die Liste der berühmten Persönlichkeiten, die sich St. Petersburg als Ort ihres Schaffes auserkoren haben, ist lang. Für die Flucht vor der Betriebsamkeit des Newskj Prospekts empfiehlt sich unter anderem der Tichwiner Friedhof. Reich an Kleinoden wird die Nekropole als eines der zahlreichen Museen der Stadt geführt. Sie werden erstaunt sein, auf welche „Stars“ der vergangenen Jahrhunderte Sie hier treffen werden. Und wem die große Stadt endgültig zu viel wird, fährt einfach auf die umliegenden Landsitze der Adeligen, die der Pracht der Metropole in nichts nachstehen.

Man kann bei dem Bildatlas St. Petersburg – Lebensfreude an der Newa sichergehen, von einem profunden Kenner „seiner“ Stadt geführt zu werden, der sich seine Wahlheimat verinnerlicht hat. Die exzellente, durchgehend farbige, Bebilderung des Werks wurde in die Hände des angesehenen Lübecker Reisefotografen Olaf Meinhardts gegeben. Ein umfangreiches Kartenwerk zu den jeweils beschriebenen Kapiteln ermöglicht dem Leser die bestmögliche Orientierung und der kleine geschichtliche Abriss unterstützt die Zuordnung der Sehenswürdigkeiten zu den Epochen. Ein ausführliches Service-Kapitel lässt zudem so gut wie keine Fragen offen, sich im Alltag St. Petersburgs zurechtzufinden.

Über den Autor: Der gebürtige Unterfranke Lothar Deeg lebt seit fast 25 Jahren als „Petersbürger mit deutschem Pass“, wie er sich selbst bezeichnet, in seiner Wahlheimat an der Newa. Der diplomierte Journalist arbeitet bevorzugt als Reisebuchautor, in denen er sein Insider-Wissen mit den Lesern teilen kann, sowie Städte- und Personenporträtist für das Bordmagazin der Airline Swiss. Zudem ist er als freier Mitarbeiter für verschiedene Zeitungen, darunter auch russland.NEWS, tätig.

Aus Deegs Feder stammt die Geschichte des deutschen Handelskonzerns Kunst & Albers in Russisch-Fernost, das unter dem Titel Kunst und Albers – Die Kaufhauskönige von Wladiwostok erschienen ist. Unter seiner Federführung entstand in Zusammenarbeit mit Susanne Brammerloh, die als Übersetzerin in St. Petersburg wirkt, das ultimative „Russenversteher-Handbuch“ Kulturschock Russland. Lothar Deeg gibt darüber hinaus auch Stadtführungen durch die Newa-Metropole, die individuell auf die Besucher abgestimmt sind.

Lothar Deeg: Dumont Bildatlas St. Petersburg – Lebensfreude an der Newa, DuMont Reiseverlag Ostfildern 2018, 121 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN: 978-3770193899

[mb/russland.REISEN]