Jekaterinburg-Epilog: 20 Stunden südwärts

Jekaterinburg-Epilog: 20 Stunden südwärts

Als Abschluss unseres kleinen Jekaterinburg-Reiseblogs eine echte Empfehlung: Wer zum Beispiel per Transsib hierher kommt, soll sich nicht mit einem Tag Aufenthalt begnügen. Denn Jekaterinburg hat mehr zu bieten – unser Blog hat ein paar Beispiele beleuchtet, aber längst nicht alle.

Steppe statt Transsib

Wobei der Autor dieser Zeilen – obwohl bekennender Russlandfan – Transsib-Urlauber wohl nie verstehen wird. Gerade befinden wir uns selbst seit längerem wieder einmal in einem russischen Langstreckenzug – allerdings nicht weiter nach Osten, wie die meisten Touristen, sondern südwärts östlich am Ural entlang bis kurz vor die kasachische Grenze – 20 Stunden Fahrt. Orenburg ist das Ziel der Bahn. Die endlosen russischen Birkenwälder sind die gleichen wie in Westsibirien, bevor sich kurz vor dem Ziel der Anfang der mittelasiatischen Grassteppe auftut.

Zugfahrten mit Unterschied

Bei Transsib-Reisen hat man die Wahl zwischen den extrem luxuriösen Touristenzügen – für einen sehr stolzen Preis und ohne echten Kontakt zum Land. Oder man fährt wie wir mit ganz normalen Bahnen – wobei sie noch am ehesten deutschen Schlafwagenzügen gleichen. Hier ist der Preis billig, aber die Qualität sehr unterschiedlich. Wir haben eine Zugausgabe ohne Klimaanlage und mit eher schlechten Ruf in der Onlinebewertung des Runet erwischt. Ja, solche Bewertungsportale gibt es natürlich auch in Russland – man tauscht sich aus über Ausstattung und Restaurantqualitäten. Und dieser Uralexpress schneidet bei beidem eher mau ab – für Sommerreisen können auch wir ihn – aktuell stark schwitzend – nicht empfehlen. An den Bahnhöfen größerer Städte hält er längere Zeit und sofort stürzen die meisten Reisenden auf die Bahnsteige, sich mit Getränken und Eis versorgend, die dort überall angepriesen werden. Das Zugrestaurant, vor dem uns von Mitreisenden gewarnt wird, suchen wir dann gar nicht erst auf, sondern setzen auf russische Selbstversorgung.

Abschied von Jekaterinburg

Die letzten Stunden in Jekaterinburg waren ohne nennenswerte Ereignisse. Unsere über Airbnb gebuchte Unterkunft – eine klimatisierte Ferienwohnung – war erstklassig ausgestattet, nur der Vermieter war nicht sonderlich zuverlässig und auch zur verabredeten Abreisezeit (wie schon bei der Ankunft) einfach nicht da. Dafür aber unsere einheimischen Bekannten, die uns wie selbstverständlich zum Bahnhof gebracht haben, obwohl unsere letzte Begegnung mit ihnen vor fünf Jahren war. Für solche Gelegenheiten hat man in Russland immer ein paar Dankesgeschenke im Koffer. Vorgestern abends waren wir bei ihnen zu Gast gewesen, neben viel gutem Essen gab es besorgte Gespräche über die deutsch-russische Politik und die jüngsten ernsten Zwischenfälle auf der Krim. Auch die Flüchtlingskrise in Deutschland interessiert die Russen – ihr eigenes Bild davon ist natürlich von ihren Medien geprägt – aber unseres ist es ja auch.

Ein verpasster Steinmeier

Schade, dass wir gerade jetzt fahren, denn am Montag kommt in der Uralmetropole Außenminister Steinmeier an. Im Netz ist zu lesen, vor allem wegen der ernsten Spannungen zwischen der Ukraine und Russland im Moment. Normalerweise ist es immer witzig, aus dem russischen Umfeld heraus solche deutschen Events zu beobachten, Politiker wie die schnell eingeflogenen deutschen Journalisten, die mir manchmal nie in Russland wirklich angekommen erscheinen, einer für sie puren Sprosse auf ihrer Karriereleiter. Doch aktuell kann einem bei der Politik und vielen Journalisten in Deutschland wie in Russland ja allgemein das Lachen vergehen.

Endstation Kurort

Wir schaukeln derweil gen Orenburg – wieder einmal eine Stadt an der Kontinentalgrenze. Sol-Ilezk, noch ein Stück südlich davon und 50 Kilometer vor Kasachstan wird unser endgültiger Zielpunkt sein – aber dorthin werden wir mit dem Auto abgeholt. Es ist ein überregional in Russland sehr bekannter Kurort, in dem wir 2007 zu Beginn des dortigen Massentourismus das erste russland.TV-Video gedreht haben und noch zwei danach – wer also etwas darüber wissen will, wird in unserem YouTube-Channel fündig. Auch zahlreiche andere Zuggäste sind nach dort unterwegs und lärmende Marschrutkafahrer sammeln die Kurgäste und Badetouristen am Orenburger Bahnhof ein. Hier schließt sich der Kreis und endet unser Reiseblog, aber unsere Reise noch nicht. Unsere Kollegen, die auf Dauer hier leben und sich nicht einfliegen lassen müssen, übernehmen wieder.