Freiwillige säubern Russlands Natur vom Müll

Freiwillige säubern Russlands Natur vom MüllFoto: © Michael Barth

Immer mehr Aktionen nehmen sich dem entsorgten Müll in Russlands Natur an. In ihrer Freizeit beseitigen Freiwillige die Massen an Unrat, die ihre Mitmenschen meist seit Jahren gedankenlos oder absichtlich in stadtnahen Erholungsgebieten hinterlassen haben. Das Modell macht inzwischen Schule.

Der „Subbotnik“ war in Zeiten der Sowjetunion der Samstag, an dem, meist einmal im Monat, Werktätige ihre Freizeit für ein paar Stunden der Allgemeinheit opferten. Nach den Wirren des postrevolutionären Bürgerkriegs diente diese Arbeit zunächst der Wiederherstellung der Wirtschaft, nach dem „großen vaterländischen Krieg“ dem Wiederaufbau. Später nutzten die Subbotniks der Instandhaltung kommunaler Einrichtungen.

Auch in er ehemaligen DDR kannte man diese Art des Freiwilligendienstes und so manchem mag sein Arbeitseinsatz damals zu einem Telefonanschluss oder Vergleichbaren verholfen haben. Die Zeiten der Vergünstigungen sind im heutigen Russland nahezu Vergangenheit. Heute trifft man sich vielmehr im Kreis von Gleichgesinnten, um Altlasten zu beseitigen, nachdem man erkannt hat, dass es sich in sauberer Natur viel besser erholen lässt, als in einer verdreckten.

Und diese Altlasten sind nicht wenige im größten Land der Erde. Bis in die Anfänge der Achtzigerjahre herrschte selbst bei uns noch dieses „Aus den Augen, aus dem Sinn“-Denken vor, wo mit einer unbedarften Selbstverständlichkeit überflüssiger Sperrmüll einfach in den Wald gekarrt wurde und ums verrecken nicht verrotten wollte. Die Zeiten haben sich Gott sei Dank auch in Russland inzwischen geändert.

Abfallentsorgung als sportlicher Wettstreit

Mittlerweile gibt es sogar gesamtrussische Wettbewerbe, bei denen es darum geht, Gebiete mit erhöhtem Müllaufkommen aufzuspüren und anschließend zu säubern. Das schafft Anreiz, das macht Spaß und vor allem – es ergibt Sinn. Heute wurde beispielsweise bekannt gegeben, dass ein Team aus der autonomen Republik Mari El seine Mitte Juli begonnene Arbeit abgeschlossen hat. Die Gruppe hat sich dem Gebiet entlang des historischen Verbindungsweges zwischen Joschkar-Ola und Kasan angenommen.

Die als „Reise durch die Ahornberge“ bekannte Strecke ist mit der teilweise noch gut erhaltenen mittelalterlichen Straße eine der interessantesten Wanderstrecken der Republik. Bemerkenswert entlang der Route ist beispielsweise die „Grünen Quelle“, aus der reinstes Mineralwasser aus dem Boden sprudelt. Eine weitaus bedeutendere Attraktion ist die landesweit bekannte „Pugatschow-Eiche“, die eine gewichtige Rolle in der Geschichte Russlands spielt.

Just an diesem Baum, so weiß es die Überlieferung, habe sich Jemeljan Iwanowitsch Pugatschow zu Beginn des Jahres 1775 auf seiner Flucht vor den zaristischen Truppen zur Ruhe gesetzt, wo er schließlich von dem legendären General Suworow festgenommen wurde. Seit 1773 gab sich der Don-Kosake Pugatschow als Zar Peter III. aus, der durch ein Wunder den Mordversuch Katharinas II. überlebt habe. Anschließend zettelte er einen fast zweijährigen Bürgerkrieg im Land an.

Sicherlich, bisher mögen derlei Müllaktionen wirken, wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es besteht jedoch die berechtigte Hoffnung dass, besonders wenn man die Streuung solcher Initiativen sieht, auch bei der Bevölkerung ein Umdenkprozess stattfindet, der ein Abfallproblem gar nicht erst aufkeimen lässt. Wenn nun die zuständigen Regionalbehörden ihr Übriges beisteuern und Mittel zur vernünftigen Entsorgung für Haushaltsmüll bereitstellen, hätte Russland einen Riesenschritt nach vorn gemacht.

[mb/russland.REISEN]