Erstes Kreuzfahrtschiff entert Schlüsselburg

Erstes Kreuzfahrtschiff entert SchlüsselburgFoto: © Michael Barth

Die Kreuzfahrtlinien, die zwischen St. Petersburg und Moskau verkehren, sind um eine Station reicher geworden. Vor der Festung Oreschek im Ladogasee bei Schlüsselburg wurde ein Liegeplatz für große Schiffe angelegt. Dreihundert Passagiere erstürmten das verfallene Gemäuer zur Premiere.

Das winzige Eiland das rund achtzig Kilometer nordöstlich St. Petersburgs am Ursprung der Newa im Ladogasee schlummert, hat in der fast siebenhundertjährigen Geschichte seiner Bebauung schon so einiges erlebt. Nach den Russen, Schweden und den Deutschen stürmen nun Touristen, die sich auf Flusskreuzfahrten durch Russlands Nordwesten treiben lassen, die Festung, der man in aller Bescheidenheit den Namen Oreschek, das „Nüsslein“, verpasste.

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In rekordverdächtiger, nur dreimonatiger Bauzeit wurde vor den Toren des Wehrbaus ein neuer Anleger errichtet, an dem jährlich bis zu fünfzig große Passagierschiffe vor Anker gehen sollen. Dreißig Anträge für Anflüge mit einer maximalen Kapazität von jeweils dreihundert Personen seien bereits von verschiedenen Betreibern eingegangen, teilte das das Management des Filialnetzes des St. Petersburger Museums für Geschichte anlässlich der Eröffnung mit.

Aufwendige Restaurierung nötig

„Der Pier wurde in kurzer Zeit gebaut. Daraufhin gab es beim Ankern von großen Schiffen ein Problem für kleine Boote und Yachten, die nicht mehr wie gewohnt an der alten Anlegestelle anlegen konnten“, erläuterte Sergej Orlow, der stellvertretende Direktor des Museums, gegenüber Pressevertretern. Deshalb habe man sich dazu entschlossen, zusätzlich neben dem neuen großen Pier ein weiteres kleines auf schwimmenden Elementen anzulegen.

Laut Orlow darf das Museumsensemble „Festung und Festungsgefängnis Schlisselburg-Oreschek“ dadurch mit etwa 150.000 Besuchern zusätzlich per anno rechnen. Die zu erwartenden Einnahmen sind Teil eines Pakets mit Vorschlägen zur Finanzierung der Restaurierungsarbeiten an dem Objekt. Diese würden sich auf annähernd vier Milliarden Rubel, fast 55 Millionen Euro, belaufen, wie es heißt.

Gemäß dem Plan, der für die kommenden zehn Jahre berechnet wurde, ist geplant, eine Entwurfs- und Schätzdokumentation für die Restaurierung und den Wiederaufbau des Swjetlitschnaja-Turms aus den Anfängen des 16. Jahrhunderts zu entwickeln. Darüber hinaus plant die Museumsverwaltung die Restaurierung der unter Peter dem Ersten errichteten Steinbaracken aus dem frühen 18. Jahrhundert.

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In diesem Jahr kann nach Ansicht des Entwicklungsabteilung der Filiale auch die Vorbereitung eines Projekts zur Stärkung der hinter den Mauern gelegenen Johannes-Kathedrale abgeschlossen werden. Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung Leningrads wird über Oreschek während der Tage des Großen Vaterländischen Krieges eine Kopie der damaligen Flagge über der Festung wehen, deren Original sich im Marinemuseum in St. Petersburg befindet.

Wechselnde Besitzer

Mit der Eröffnung der vom 1. Mai bis zum 31. Oktober währenden Saison beginnt außerdem eine Dauerausstellung zum Thema „Die Festung Oreschek während des Großen Vaterländischen Krieges“. Anhand von Fotografien und Archivdokumenten aus dem Fonds des Museums präsentiert eine Ausstellung den Besuchern die wichtigsten Meilensteine zum Bau dieser Verteidigungsanlage.

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Errichtet wurde die Festung Oreschek laut der schwedischen Geschichtsschreibung im Jahr 1299 von dem schwedischen Reichsmarschall Torgils Knutsson unter dem Namen Nöteborg. Schon kurze Zeit später diente sie dem Moskauer Großfürsten Juri Danilowitsch als strategischer Außenposten und blieb bis ins 16. Jahrhundert in Nowgoroder Hand. Ab dem Jahr 1612, während des Großen Nordischen Krieges, besetzten Schweden und Russland das „Nüsslein“ im Wechsel.

Erst Peter dem Großen gelang es die Festung im Jahr 1702 endgültig für Russland zurückzuerobern. Von dem Gründer St. Petersburgs erhielt Oreschek daraufhin den deutschen Namen Schlüsselburg, da er in ihr den „Schlüssel zur Ostsee“ sah. In der Folgezeit diente die Festung jedoch meist als politisches Verlies, in dem so mancher „prominente“ Zeitgenosse jener Tage eingekerkert wurde. Der berühmteste Häftling war zweifelsohne Zar Iwan VI, Mitte des 18. Jahrhunderts.

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Ihren letzten großen Beschuss erlebte die Festung Schlüsselburg in den Jahren 1941 bis 1943 durch Artilleriegeschütze der deutschen Wehrmacht. Fünfhundert Tage lang konnte die sowjetische Besatzung des Forts verhindern, dass sich der Blockadegürtel der Wehrmacht um die eingeschlossene Stadt Leningrad schloss und schließlich durchbrochen wurde.

[mb/russland.REISEN]

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