Die Schlittschuh-Oma vom Baikalsee

Die Schlittschuh-Oma vom Baikalsee

Der Baikalsee in Sibirien ist zwar der tiefste See der Erde und das weltweit größte Süßwasserreservoire, aber im sibirischen Winter ist sogar er mit einer dicken Eisschicht bedeckt. Bei minus fünfzig Grad Celsius ist die Eisdecke dann so fest gefroren, dass sie sogar große schwere Lastwagen trägt.

Wenn man so will, verwandelt sich der Baikal von Mitte November bis Anfang Mai in die größte Schlittschuhbahn der Welt. Diejenige die diesen riesigen Eislaufplatz vermutlich am besten kennt, ist die 76-jährige Ljubow Morehodowa, die in einem abgelegenen Dorf am Ufer des See lebt. Eigentlich stammt sie aus Irkutsk, einer Halbmillionenstadt am Abfluss des Baikal, und arbeitete dort als Technologie-Ingenieurin. Als sie in Rente ging, zog sie mit ihrem Ehemann in ihr heutiges bescheidenes Heim, wo sich die beiden ein paar Tiere hielten.

Als Morehodowas Mann im Jahr 2011 starb, war es für sie keine Frage hier am Baikalsee zu bleiben, wo schon ihre Eltern lebten und arbeiteten. Mit ihrer Entscheidung konnte sie sogar ihren Kindern trotzen, die sie nur zu gerne wieder in die Stadt holen wollten. Wie sie selber sagt, lebt sie zwar alleine, aber fühle sich deshalb keineswegs einsam. Ljuba, wie sie hier alle nur nennen, genießt die Gesellschaft ihrer Hunden, Hühner, Kühen und die einer Katze. Ihr Trinkwasser holt sie aus dem See.

Wenn Morehodowa in die nächstgelegene „Zivilisation“ will oder täglich um halb sechs morgens ihre Kühe auf die Weide bringt, muss sie einen Weg von rund zehn Kilometer zurücklegen. Um sich auf dem Rückweg einen Berg zu sparen, greift Ljuba auf ein für ihr hohes Alter ungewöhnliches Hilfsmittel zurück: Von ihrem Vater handgeschnitzte Schlittschuhe aus dem Jahr 1943. Die schnallt sie sich dann unter ihre Walenki, im russischen Winter gebräuchlichen dicken Filzstiefel, und gleitet über den Baikal.

Auch wenn aufgrund ihres Alters und der harten Arbeit der Rücken manchmal schmerzt, möchte Ljuba nicht auf ihr außergewöhnliches Hobby verzichten. Schließlich, sagt sie, habe sie hier auf dem Baikalsee mit sieben Jahren als Kind das Schlittschuhlaufen gelernt. Mittlerweile sind auch schon ausländische Medien auf die rüstige Babuschka gestoßen. Außerdem wurde Ljuba bereits zwei mal bei regionalen Wettbewerben zur „Super-Oma“ gekürt. Allerdings nicht wegen ihrer Kufen-Künste, sondern für ihre Stickarbeiten, die sie schon des öfteren öffentlich ausgestellt hat.

[mb/russland.REISEN]