Der „Polarpfeil“ – Russlands langsamster Schnellzug [mit Videos]

Der „Polarpfeil“ – Russlands langsamster Schnellzug [mit Videos]

Russland und seine Eisenbahn – seit der Inbetriebnahme der ersten Strecke, die im Jahr 1837 mit einer Lokomotive bewältigt wurde, ranken sich Geschichten um Bahnfahrten durch die schier endlose Weite des Landes. So auch die des „Polarpfeils“, dem Zug von Moskau zum Nordrand des Urals.

Russlands schnellster Zug ist derzeit der „Sapsan“, der die rund 700 Kilometer zwischen Moskau und St. Petersburg in gerade einmal vier Stunden zurücklegt. Die längste Eisenbahnstrecke mit der man Russland von West nach Ost durchqueren kann, ist zweifellos die Transsibirische, die innerhalb einer Woche mehr als 9.000 Kilometer bewältigt. Die wohl landschaftlich reizvollste Fahrt jedoch ist die, die sich über den Polarkreis zieht.

Die Streckengeschwindigkeit des „Polarpfeils“ wird der Bezeichnung Schnellzug kaum gerecht. Die vom Verkehrsministerium festgelegte Norm für die Bezeichnung erfordert ein Tempo zwischen 50 und 91 Stundenkilometer. Die Durchschnittsgeschwindigkeit des „Polarpfeils“ liegt, das hat man sorgsam nachgerechnet, bei 54,68 Kilometern pro Stunde. Zum Vergleich: Die „Transib“ erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 140 Stundenkilometern, der „Sapsan“ sogar bis zu 250.

Zur romantischsten Zugfahrt Russlands gekürt

Labytnangi heißt die Endstation des „Polarpfeils“. Die ist 2.400 Bahnkilometer von Moskau entfernt und bedeutet in der Sprache des indigegen Volkes der Jamal-Nenzen soviel wie „Sieben Lärchen“. Ursprünglich diente der Ort Rentiernomaden als Lagerplatz, bis 1932 eine Kolchose für die Fischerei eingerichtet wurde. Zudem war Labytnangi schon zu Sowjetzeiten ein wichtiger Holzumschlagplatz und als Abschnitt von Stalins nie vollendeten „Polarkreisbahn“ vorgesehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Zug No.21/No.22 die Fahrt von Moskau in den hohen Norden auf. Nachdem der Zug Moskau verlassen hat, fährt er durch Zentralrussland, umgeht die Taiga und die Waldtundra und fährt danach durch die Tundra zum Ufer des sibirischen Flusses Ob. Die letzten 200 Kilometer hinter Chum sind die landschaftlich beeindruckendsten. Allerdings auch die langsamsten, der Zug benötigt alleine für diese Strecke sechs geschlagene Stunden.

Im Jahr 2007 belegte der „Poljarnaja strela“ den zweiten Platz im allrussischen „Wettbewerb der Züge“ in Sotschi. Die rund 44-stündige Fahrt des „Polarpfeils“ in den Permafrost nördlich des Polarkreises wurde dabei nicht zufällig als romantischste Bahnreise Russlands gekürt. Die schönste Reisezeit ist der Herbst und im Winter, der Zug fährt dann von Moskau jeweils dienstags und freitags zweimal pro Woche.

Die Strecke führt durch Gebiete, in denen es zwischen den Ortschaften keine Straßenverbindungen gibt oder diese nicht ganzjährig befahrbar sind. Menschen trifft man in der Wildnis der Ausläufern des Nordural mit seinen Höhen bis 1.300 Metern ohnehin kaum mehr.

[mb/russland.REISEN]