Passend zur Jahreszeit gab das Permafrost-Museum in Igarka bekannt, die unterste Etage für Besucher zugänglich zu machen. Das im Gebiet Krasnojarsk gelegene Museum zeigt die natürliche Beschaffenheit des Permafrost-Bodens. Bisher war dieses Stockwerk der Wissenschaft vorbehalten.
Viel ist nicht gerade los in Igarka, einer Ansiedlung im der Region Krasnojarsk, auf der Halbinsel Taimyr im Jenissei. 1929 hat man den Ort als Hafenstadt für die Holzindustrie gegründet und Josef Stalin wollte in den 50er-Jahren sogar sein ehrgeiziges Projekt der Polar-Eisenbahn hier enden lassen. Bis Igarka ist die Bahn allerdings nie gekommen. Durch die Hochseeanbindung des Jenissei war hier noch bis in die 80er-Jahre der zweitgrößte Hafen der Sowjetunion für Holzumschlag. Nach dem Zerfall der UdSSR brach jedoch auch diese Industrie zusammen und die Bewohner wanderten ab. Heute leben in Igarka, 160 Kilometer nördlich des Polarkreises, gerade noch rund 6.000 Menschen.
Ein kleines Gebäude aus Holz, das auf der mit Tundra bedeckten Halbinsel steht, beherbergt ein Labor, das per Hand von 1936 bis 1942 in den Permafrost gegraben wurde. Hier fanden die Wissenschaftler bei den vorherrschenden Durchschnittstemperaturen von etwa minus fünf Grad beste Bedingungen, um den Permafrostboden zu erforschen. Seit den 90er-Jahren betreibt man über dem Labor ein kleines Museum. Geschnitzte Skulpturen von Mammuts, Moschusochsen und Höhlenlöwen weisen heute den Weg in unterirdische Räume, in denen in bis zu 14 Metern Tiefe in den Permafrostboden hineingeschaut werden kann.
Als eigentliche Geburtsstunde des Museum jedoch gilt der 19. März 1965 als der Leiter des Labors, Dr. Alexander Ptschelintsjew, in sein Tagebuch notierte: „Die in Eis und Permafrost eingefrorenen Proben sollten in einem Museum ausgestellt werden.“ Heute kommen laut Anna Usoltsewa, der Leiterin der historischen Abteilung des Museums, jährlich fünfhundert Besucher, um im Eis eingeschlossene Eidechsen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Insekten und Fische zu bestaunen. Hier finden sich 49.000 Jahre alte Vogelbeeren genauso wie nahezu original erhaltene Lärchenstämme, die sogar noch älter sind, konserviert im Permafrost.
Die ehemalige Museumsdirektorin Maria Mischetschkina resümierte gegenüber der Nachrichtenagentur Tass, dass das Labor die ersten Exkursionen, schon lange vor der Gründung des Museums, im Jahr 1942, für Schulklassen in einem der Räume organisierte. Früher, als der Jenissei noch mehr befahren wurde, seien ohnehin mehr Touristen gekommen, klagt sie. Kreuzfahrtschiffe hätten viele von ihnen nach Igarka gebracht. „Wir haben immer aufmerksam auf die Japaner geachtet“, sagt Mischetschkina. Sie lacht: „Beim Besuch des Museums trugen sie immer Schutzmasken und Strahlendosimeter mit sich.“
Nun hoffen sie in Igarka, dass wieder mehr Touristen auf die Halbinsel Taymir kommen. Eigens zu diesem Zweck will man die tiefste Kammer, die bisher nur für die Wissenschaftlern zugänglich war, für den Publikumsverkehr ausbauen. In einem der Museumsräume wurde außerdem eine Eislaufbahn angelegt. Damit will man sie nun locken, denn etwas anderes gibt es in Igarka für Besucher ja sowieso nicht zu sehen.
Unter dem Eis ruht seit 1950 eine Kapsel mit einer Botschaft für Besucher im Jahr 2045. Ihrem Inneren befänden sich Zeitungen aus dem Zweiten Weltkrieg, so erzählt man sich. Zwei weitere Kapseln aus den Jahren 1974 und 1979 müssten sich auch noch irgendwo in den Tiefen des Museums verbergen. Wo genau, das weiß man nicht so recht. Es wurde, so heißt es, schlichtweg versäumt, eine Notiz zu hinterlassen. Es geht eben beschaulich zu, in Igarka.
[mb/russland.REISEN]