Arkaim – Mekka für Wissenschaftler und Esoteriker

Arkaim – Mekka für Wissenschaftler und Esoteriker

Als hätte man es nicht schon längst geahnt, auch Russland hat sein Stonehenge. Arkaim gilt als eine der geheimnisvollsten archäologischen Stätten des Landes. Vor etwa viertausend Jahren aus unbekannten Gründen abgebrannt, stellen sich Wissenschaftler noch immer die Frage: Wer hat diese Stadt gebaut, wozu und wo sind ihre Bewohner geblieben?

Im Jahr 1987 hatten zwei Studenten der Staatliche Universität Tscheljabinsk in der Uralsteppe unweit der kasachischen Grenze bei der Geländebegehung für einen geplanten Staudamm eine merkwürdige Bodenformation bemerkt. Daraufhin sahen sich Wissenschaftler der archäologischen Abteilung das Gebiet genauer an und fanden eine Sensation: Es musste einst eine Stadt mit riesigen Ausmaßen gewesen sein, was sich ihnen hier, mitten in diesem unwirtlichen Landstrich, offenbarte.

Rettung vor dem Staudamm

Notgrabungen bestätigten ihre Vermutung zwar, jedoch ignorierten die sowjetischen Behörden zunächst die Funde und hielten an dem Plan fest, das gesamte Gebiet zu fluten. Dank dem Einsatz des Direktors der Eremitage und weiteren Experten wurde die Flutung zunächst aufgeschoben und schließlich ganz aufgehoben. Im Jahr 1991 wurde das Territorium dann endlich unter Denkmalschutz gestellt.

Man erkannte bald, dass Arkaim viel besser erhalten war als beispielsweise das benachbarte Sintaschta, das ähnlich angelegt wurde. Dort hatten Archäologen unter anderem die ältesten Streitwagen, die je in Russland gefunden wurden, freilegen können. Der Name Arkain ist übrigens nicht einmal so alt, wie man vermuten könnte. Die einstige Siedlung trägt den Namen eines Hügels der sich rund vier Kilometer von der Fundstätte entfernt befindet. Linguisten gehen von der turksprachigen Bezeichnung für „Rücken“ aus.

Komplex geplante Siedlung

Zwei kreisförmige Wälle umgaben eine Siedlung, die aus mindestens dreißig bisher gefundenen Häusern bestand, die alle auf einer eine Fläche von hundertzehn bis hundertachtzig Quadratmetern errichtet waren. Insgesamt gehen die Wissenschaftler jedoch von bis zu siebzig Wohnstätten aus. Den vier bis fünf Meter starken und fünfeinhalb Meter hohen Erdwällen, die mit luftgetrockneten Lehmziegeln verstärkt wurden, war ein zwei Meter tiefer Graben vorgelagert.

Neben dem Haupteinlass, der im Westen gelegen haben muss, führte wohl noch drei weitere Zugänge ins Innere der Anlage. Zwei weitere spiralförmigen Ringe, die durch eine Straße getrennt waren, umschlossen wiederum einen zentralen Platz mit einer Fläche von fünfundzwanzig auf siebenundzwanzig Metern. Vermutlich diente ein Kanal entlang der Hauptstraße zur Entwässerung der Siedlung, in der schätzungsweise eineinhalb- bis zweieinhalbtausend Menschen gelebt haben könnten.

Steppenvölker oder Außerirdische?

In der unmittelbaren Umgebung der Stadt stießen Archäologen in einem der fünfzehn Grabhügel auf ein weibliches Skelett mit auffällig deformiertem Schädel. Die Anthropologin Maria Makurowa datierte den Fund laut der Nachrichtenagentur Tass auf das zweiten Jahrhundert. Beim Volk der Sarmaten, das in der Steppe zwischen der heutigen Ukraine und südlich des Urals siedelte, sei es ihr zufolge nicht unüblich gewesen, dass Frauen bereits in der Kindheit der Kopf gebunden wurde, so dass der Knochen während des Wachstums eine länglichen Form erhielt.

Für Esoteriker hingegen ist die antike Stadt ein Energiezentrum. Sie deuten Arkaim als das kulturelle Stammhaus der Slawen, Arier und Indoeuropäer und ziehen Parallelen zu den in alten Schriften beschriebene Ankunft des arischen Volkes im alten Indien. Anhänger des Zarathustrismus, der Religion der Feueranbeter, schreiben den antiken Ariern heiliges Wissen zu, dass heute für die meisten modernen Menschen vergessen und unverständlich sei.

Ob nun der rätselhaften Spiralstadt kosmische Energie innewohnt, können wohl nur diejenigen sagen, die fest daran glauben. Für die Wissenschaft jedenfalls ist der Ort Arkaim, der seinen Erbauern aller Wahrscheinlichkeit nach ein zentristisches Weltbild symbolisierte, eines der vielen irdischen Rätsel Russlands, das es noch zu lösen gilt. Denn wer hat diese Stadt gebaut, wozu und wo sind ihre Bewohner geblieben?

[mb/russland.REISEN]