Afrikaner erstreitet neue Visaregel für in Russland lebende Ausländer

Ausländer, die in Russland legal mit einer vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigung leben, werden voraussichtlich von der faktisch bestehenden Visapflicht befreit. Dies fordert das russische Verfassungsgericht aufgrund der Klage eines Nigerianers.

Der nigerianische Staatsbürger hatte gemeinsam mit der russischen Menschenrechtsbeauftragten Ella Pamfilowa bei der höchsten russischen Rechtsinstanz eine Beschwerde gegen einzelne Bestimmungen der Gesetze über die Staatsgrenze und die Ein- und Ausreise eingereicht. Das Verfassungsgericht in St. Petersburg hat diese weitgehend als berechtigt anerkannt – und den Gesetzgeber verpflichtet, die Visabestimmungen für Ausländer, die in Russland mit einer vorübergehenden Aufenthaltserlaubnis („Rasreschenije na wremennoje prebywanije“ – RWP) leben, zu präzisieren.

Als Grundsatz müsse dabei gelten, dass ein mit diesem Dokument in Russland legal lebender Ausländer wie alle Staatsbürger “das verfassungsgemäße Recht auf freie Ein- und Ausreise genieße“, aber auch die Beziehungen zu seinem Heimatland weiterhin aufrecht erhalte, heißt es in der Begründung des Gerichts.

Der Casus: Spontaner Heimatbesuch scheitert an fehlendem Visum

Der Nigerianer hatte im letzten Januar von Moskau aus zu einer Beerdigung eines nahen Verwandten in seine Heimat fliegen wollen. Am Flughafen ließ man ihn jedoch nicht ausreisen, da er neben seiner Aufenthaltsgenehmigung vom Typ RWP kein russisches Visum zum Grenzübertritt vorweisen konnte. Die Behörden brummten dem Mann zudem noch eine Strafe von 3.000 Rubel wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zum Grenzübertritt auf.

Dagegen hatte der Afrikaner zunächst vor Gericht Widerspruch eingelegt, aber verloren. Das Verfassungsgericht entschied nun, dass dieses Verfahren neu verhandelt werden muss. Auch stellte es fest, dass die Rechtslage hinsichtlich der faktisch bestehenden Visumpflicht für RWP-Ausländer unklar ist und verbindlich neu geklärt werden muss.

Unklare Rechtslage muss geklärt werden

Üblicherweise weisen die Beamten des Föderalen Migrationsdienstes bei der Ausstellung der für maximal drei Jahre geltenden RWP-Aufenthaltsberechtigung darauf hin, dass man sich prophylaktisch oder jedenfalls vor einer geplanten Auslandsreise rechtzeitig um die Ausstellung eines Aus- und Einreisevisums kümmern muss, um an der Grenze keine Probleme zu haben. Im Falle des Nigerianers hatte die Behörde dies aber offenbar unterlassen – die momentane Rechtslage fordert aber auch nicht explizit, dass in diesem Fall die Visafrage eindeutig geklärt werden muss.

Ausländer, die in Russland mit einer langfristigen Aufenthaltserlaubnis („Wid na shitelstwa“ –WSh) leben, haben dieses Problem nicht. Der Wsh (in Form eines eigenen Ausweisdokumentes) ersetzt an der Grenze offiziell das Visum. Allerdings kann der WSh erst ausgestellt werden, wenn man zuvor eine gewisse Zeit mit der RWP-Berechtigung in Russland gelebt hat.

Visapflicht ist im Prinzip rechtens

Das Verfassungsgericht weist in seiner Entscheidung aber auch darauf hin, dass prinzipiell die Pflicht eines Ausländers, bei der Ausreise aus Russland ein Visum vorlegen zu müssen, nicht gegen die Verfassung verstößt. Sie erlaube den Behörden, die Rechtmäßigkeit der Einreise und des Aufenthalts zu überprüfen.

Diese Funktion, so sei hinzugefügt, erfüllt aber auch die in den ausländischen Reisepass eingestempelte RWP-Bescheinigung – sofern sie noch gültig ist. Nun bleibt, dem durchsetzungsstarken Nigerianer sei Dank, abzuwarten, wann und wie vom Gesetzgeber dieses Problem gelöst wird.

[ld/russland.RU]