Abchasien auf dem Weg zum Reiseziel

Die Republik Abchasien mausert sich immer mehr zu einem ernstzunehmenden Reiseziel. Hier, im Süden des Kaukasus, hat der internationale Tourismus zwar noch keinen Einzug gehalten, jedoch haben die Russen mittlerweile den Erholungswert der Region erkannt. Dennoch sind die Zeiten nicht ganz rosarot.

Traditionen, Sehenswürdigkeiten und Natur – mit diesen Attributen bewirbt sich die südrussische Republik Abchasien als Urlaubsregion. Zu dick aufgetragen ist das nicht, 75 Prozent des Territoriums bestehen aus zerstückelten Bergketten, von denen mehr als die Hälfte von Wäldern bedeckt ist. Zehn Prozent der Fläche Abchasiens sind ausgewiesene staatliche Naturschutzgebiete. Und die Tradition erschließt sich Reisenden spätestens anhand der Gastronomie mit unvergleichlichen Speisen und Getränken.

Immerhin macht der Tourismus inzwischen fast zwanzig Prozent der Abchasischen Wirtschaft aus. Stetig wachsende Besucherzahlen zeichnen ein Bild von der Entwicklung. Waren es im Jahr gut drei Millionen Urlauber, konnten im Jahr 2016 bereits an die viereinhalb Millionen Touristen gezählt werden. Russische Touristen wohlgemerkt, denn Gäste aus dem Ausland scheuen den Weg nach Abchasien bislang noch. Über die Gründe dafür ist man sich bei den Tourismusexperten uneins.

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Wiedererstarkte Türkei und suspekte Nachbarschaft

Möglicherweise sind die in der geographischen Nähe zu Georgien und Armenien zu suchen, zwei Staaten, die in ihrer Konstellation zusammen mit der russischen Außenpolitik ein gewisses Misstrauen nähren. Vorerst jedoch sind die Reiseanalysten ohnehin mit einem temporären Schwächeln ihres russischen Klientel beschäftigt. Nachdem die Wirtschaftskrise weitgehend überwunden ist und auch die Beziehungen zum türkischen Reisemarkt wieder hergestellt zu sein scheinen, vermisste man in Abchasien im letzten Jahr rund eine Million Touristen.

Man zählte in der Hochsaison gerade einmal zwei Prozent mehr Gäste als im Vorjahr. Die meiste von ihnen kamen als sogenannte „Tagestouristen“, die längerfristig keinen allzu großen Umsatz bedeuten. Nun überlegt man sich in Fachkreisen, wie man das verloren gegangene Kontingent wieder zurück gewinnen könnte. Das Potential wäre vorhanden, da ist man sich einig. Es gilt neue, konstruktive Arten des Tourismus zu entwickeln. Ein Beispiel wäre der organisierte Gastro-Tourismus, der sich bei den georgischen Nachbarn bereits erfolgreich etabliert hat.

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Allerdings ist man sich durchaus auch seiner Schwächen bewusst. Das preisliche Niveau Abchasien auf dem Tourismusmarkt gleicht dem der Region Krasnodar sowie der Krim, wo jedoch die Infrastruktur der Ressorts um Längen besser entwickelt ist. Der Tourist, der nach Abchasien kommt, wird zunächst mit unzureichenden Transport- und Unterkunftsmöglichkeiten konfrontiert, was einem erholsamen Familienurlaub zunächst im Wege steht. Von der Infrastruktur an den Stränden ganz zu schweigen.

Marode Infrastruktur

Diese, hausgemachten, Probleme sind in erster Linie auf mangelnde Investitionen innerhalb der Tourismusbranche zurückzuführen. Neue moderne Hotels der unterschiedlichen Kategorien werden aus privaten Mitteln gebaut, denn der Staat selbst investiert nicht viel in die Entwicklung dieser Infrastruktur, knausrige 0,2 Prozent beträgt der staatliche Zuschuss derzeit. Da ist es nicht verwunderlich, dass es an Problem mit der Wasserversorgung, der Elektrizität und bei den sanitären Einrichtungen nicht mangelt.

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Darüber hinaus herrscht in Abchasien eine extrem ungleiche territoriale Verteilung der Unterkunftsmöglichkeiten. Während sich die Touristen in der nordwestlichen Region Gagra während der Hochsaison um jedes freie Zimmer streiten, mangelt es in den zentralen und östlichen Gebieten der Republik an Freizeitmöglichkeiten überhaupt. Es stellt sich die Frage, warum sich die abchasische Bürokratie so beharrlich weigert, bereits vorhandene Touristenzentren zu koordinieren und das Tourismusgeschäft zu vernetzen.

Immerhin, im ersten Halbjahr 2018 lag die Republik Abchasien mit 1,75 Millionen gebuchten Reisen wieder auf dem zweiten Platz der Reiseveranstalter beim Inlandstourismus. Würde es jetzt noch gelingen, die gröbsten Hindernisse für einen geregelten Ferienbetrieb zu beseitigen, kann die Region auch auf Touristen aus dem Ausland spekulieren. So mancher würde zu Hause sicherlich gerne von seinem Glas lieblichen abchasischen Wein in herrlicher Natur erzählen.

[mb/russland.REISEN]